Wie schon im ersten Teil dieses Artikels angesprochen gibt es ein paar Kellerkinder unter uns, die sich auch außerhalb der Spiele die wir selber leiten auf der Ebene der Sekundärliteratur viel mit dem Hobby befassen. Damit meinen wir in erster Linie systemneutrale Themen wie „gutes“ Spielleiten, nützliche Spielhilfen oder Tools für Kampagnenmanagement und Weltenbau. So kommt man immer wieder auf neue Ideen und bringt sich dazu auch öfter mal über den Tellerrand zu schauen.
Außer den zahlreichen Blogs und Online Ressourcen gibt es da auch das eine oder andere Buch das uns sehr inspiriert hat oder gar ein unverzichtbares Werkzeug am Spieltisch geworden ist. Diese Liste wollen wir mal mit euch teilen und sind gespannt auf eure Meinungen dazu.
Aufgrund der schieren Menge an Büchern, die sich über die Jahre angesammelt haben, haben wir den Artikel aufgeteilt. Hier nun der zweite Teil, diskutiert von zwei grundsätzlich unterschiedlichen Spielleitertypen aus dem Keller:
Johannes “Liechtenauer”: Taktischer Spielleiter mit einer Vorliebe für komplexe Regelsysteme und obsessiver Vorbereiter
Marcus “Chaosmeister”: Lazy GM, eher spontanter Improvisierer der regelleichte Systeme bevorzugt
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„Focal Point“ von Engine Publishing
Liechtenauer: Als drittes Buch unseres Projektmanagers aus Never Unprepared und Odyssey, macht Focal Point jetzt nochmal einen Schritt zurück und befasst sich damit, wie man außergewöhnliche Spielabende leitet, angefangen von der richtigen Umgebung, über den Ablauf, das Script, spezifische Erzähl-/Präsentationstechniken bis hin zu Special Effects, Requisiten, Geländeteile sowie Geräuschen und Musik. Hierbei wird getrennt auf die drei Spielleiter-Rollen als Geschichtenerzähler, Schiedsrichter und Entertainer eingegangen, die von den drei Co-Autoren eingenommen werden, dem Projektmanager und dem Lazy GM aus Odyssey sowie einem neuen Spielleiter dessen Stärken eher im Bereich des Entertainers liegen. Das Werk ist echt umfassend, wieder toll strukturiert und bisher eines meiner Lieblingswerke zum Thema Spielleiten. Mir fällt eigentlich kein Aspekt des Hobbys ein, den das Buch nicht ausreichend beleuchtet. Ich denke jeder Spielleiter wird in den drei wieder sehr strukturiert ausgearbeiteten Blickwinkeln Dinge finden, die er sich selbst ins Buch schreiben kann, um seine SL-Fähigkeiten noch weiter auszubauen. Sehr hilfreich finde ich dabei auch die Herausforderungen (Challenges) am Ende jedes Abschnitts, anhand derer man das Gelesene sofort umsetzen kann.
Chaosmeister: Focal Point. Bereits der Name deutet an das man sich hier ausgiebig der Begrifflichkeiten aus Film und Fernsehen bedienen wird. Das wirkt sehr bemüht bis teilweise deplatziert. Es gibt ja das eine oder andere das man sich aus der Filmtechnik ausleihen kann, aber RPG ist ein Interaktives medium und Film ein passives, daher fand ich diese Vergleiche schon oft sehr fragwürdig. Zunächst das Positive: Für Einsteiger deckt das Buch wirklich eine Menge Bereiche ab, vom Modellbau bis zur Improvisation. Was aber eben auch dazu führt das so manches für den Leser unbrauchbar ist, je nach eigenem Spielstil. Z.B. Kommt etwas das mich interessiert erst in Kapitel 5, Seite 56. Alles davor war für mich aktuell relativ nutzlos. Zugegeben, vor ein paar Jahren als ich noch viel mit Miniaturen gespielt habe wäre es wahrscheinlich wesentlich spannender gewesen. Gut ist, dass man immer wieder aufgefordert wird seine eigene Herangehensweise zu überdenken. Die Artikel reichen von handfest/praktisch bis zu theoretisch/philosophisch. Die Mischung finde ich gut gelungen. Der schiere Umfang dieses Buches ist erstaunlich, und es gibt sehr viele sehr nützliche Tipps, auch für erfahrene Spielleiter. Aber eben auch vieles das man schon kennt wenn man Spielleitererfahrung hat. Aus der bisherigen Never Unprepared/Oddysey/Focal Point-Triologie das einzige Buch dem ich eine klare Kaufempfehlung aussprechen würde…wenn nur der nervige Filmjargon nicht wäre. Damit muss man klarkommen, mich hat es zum Teil wirklich sehr gestört.
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Grimmzahns Fallen I-IV vom Games-In Verlag
Liechtenauer: Diese mittlerweile schon betagten Werke sind in meinen Augen ein absolutes Muss für jeden old-school Rollenspielfan. In jedem der vier systemneutralen Spielhilfen werden jeweils 100 perfide Fantasy-Fallen vorgestellt, die nicht selten geeignet sind selbst eine hochstufige Abenteurer-Gruppe innerhalb weniger Sekunden bis auf den letzten Fackelträger auszulöschen. Daher sollte man die meisten TPK-Mechanismen auch nicht ganz so ernst nehmen. Es sind aber auch welche dabei, die weniger tödlich wirken und trotzdem einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Bei meinen Runden reicht es mittlerweile schon aus, dass ich eins der Bücher mit ein paar Post-its drin neben meinem Spielleiterplatz liegen habe und die Gruppe bewegt sich auf Zehenspitzen durch das Abenteuer. Und wenn sich einer der Spieler wieder mal vehement gegen das eigentlich vorbereitete Abenteuer sträubt, biete ich immer gern „Eine entführte Gräfin aus Lord Grimmzahns Schloss befreien“ als Alternativszenario an. Das kürzt die manchmal nervige „Warum sollte mein Charakter das machen“-Diskussion meistens ziemlich ab. Auch wenn man die hier dargestellten Mechanismen im Spiel nicht oder zumindest nicht oft einsetzt, so wird man zumindest prächtig unterhalten und beim Lesen wegen der Originalität der Ideen einige Male in schallendes Gelächter ausbrechen.
Chaosmeister: Als Buch zum Lesen für den Unterhaltungswert allemal interessant. Aber als wirklich praktisches Buch für den Spieltisch? Dafür ist mir darin zu viel „Gotcha!“-Material. Die meisten Fallen scheinen mir einfach nur unfair und tödlich zu sein. Und nur lustig wenn man es liest. Ich kenne genug Spielleiter die auf das Buch und seine „abschreckende“ Wirkung schwören. Ich bin kein Fan von Fallen im Allgemeinen, daher bin ich wohl nicht die Zielgruppe für das Buch. Wenn man aber auf wirklich klassische Dungeons mit unfairen und oft tödlichen Fallen steht ist das Buch mit Sicherheit eine tolle Investition.
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“Play Unsafe” von Graham Walmsley
Chaosmeister: Ein Buch das aus dem Improvisationstheater heraus geschrieben wurde. Der eine oder andere Tipp ist durchaus dabei wenn es um das darstellen und improvisieren von Charakteren geht. Auch zum Thema Zusammenspiel am Spieltisch, das geben und nehmen im gemeinsamen Geschichtenerzählen. Alles in allem aber eher für „Erzählspiele“ geeignet, nur sehr marginal für klassischere Rollenspiele. Muss man nicht gelesen haben.
Liechtenauer: Überraschenderweise hat mir das Buch ganz gut gefallen, obwohl ich gar nicht die primäre Zielgruppe dafür bin. Vielleicht liegt das aber genau daran, dass mir als exzessivem Vorbereiter diese Spielweise nicht so intuitiv naheliegt wie dem Chaosmeister. Daher finde ich das Werk durchaus lesenswert. Hier findet man das, was man bei „Unframed“ vergeblich sucht: Einen Ansatz, oder viel eher eine Philosophie wie man einen Spielabend ohne lange Vorbereitung und nur mit ein paar Schlüsselworten improvisiert und für alle Beteiligten zu einem erfreulichen Erlebnis macht. Die Antwort ist genauso einfach wie vielleicht enttäuschend: „Man macht sich keine Gedanken darüber und tut es einfach“. Die wesentliche Leistung des Buches liegt nun aber nicht darin, einem auf 80 Seiten diese einfache Erkenntnis zu vermitteln, sondern eher einem ein Stück weit die Furcht davor zu nehmen und ein paar nützliche Tipps für diese Spielweise an die Hand zu geben. Wenn es euch öfter mal wie mir geht, dass ihr aufgrund übertriebener Vorbereitung einfach nie in der Zeit bleibt, alles viel länger dauert als erwartet, oder wenn der Spielleiterjob irgendwie in Stress ausartet, dann sollte man sich zumindest einmal zwischendurch die Philosophie dieses Buches zu Herzen nehmen und das Wagnis eingehen: „Hör auf um jeden Preis außergewöhnlich sein zu wollen, plane nicht voraus sondern reagiere nur, hör zu und lass das Naheliegende geschehen, lass dich von deinen Spielern und eurem Abenteuer überraschen und das Spiel wird brillant werden!“. Zugegeben, ein Ansatz der vor allem den Mut erfordert, als Spielleiter die Deckung fallen zu lassen und sich gefühlt verwundbar zu machen. Aber auch wenn Improvisation nicht der präferierte Spielstil ist (er nimmt einem schließlich den Spaß an der Vorbereitung), so finde ich jeder Spielleiter sollte das in einem System, in dem er sich ausreichend trittsicher fühlt zumindest einmal ausprobiert haben. Schnappt euch mal eine der Plot-Ideen aus „Eureka“ oder „Of Towns and Heroes“ und schaut, wie weit ihr nur mit dieser halben Seite mit eurer Gruppe kommt. In der großen Vielzahl der Fälle wird man feststellen, dass eigentlich gar nicht so viel schiefgehen kann beim Spielleiten wenn alle Mitspieler mit Spaß im Sinn an den Spieltisch kommen.
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“Gamemastering” von Brian Jamison
Liechtenauer: Ein ähnliches aber viel ausführlicheres Werk wie Robin Laws „gutes Spieleiten“, über das ich mal gestolpert bin trägt den phantasievollen Namen „Gamemastering – The Essential Guide for Roleplaying Gamemasters “ und kann hier kostenlos heruntergeladen werden. Ich fand das richtig gut, weil es auch ein paar innovative Ansätze enthält die mir bisher noch nicht hundertmal über den Weg gelaufen sind, zum Beispiel wie man die Charaktere und die Kampagne vorab mit den Spielern gemeinsam aufeinander abstimmen kann, ohne die Spannung rauszunehmen. Darüber hinaus gibt es viele praktische Beispiele mit zwei exemplarischen, generischen Charakteren (einer Fantasy, einer Science Fiction) und massenweise Tabellen für alles Mögliche (City Design, Charaktereigenschaften, etc.). Das würde ich jedem Neu-SL ans Herz legen. Leider wieder nur in Englisch erhältlich.
Chaosmeister: In der Tat wieder ein sehr umfangreiches Buch das eine breite Palette an Themen abdecken will und auch recht erfolgreich tut. Ich begrüße besonders, dass er von Anfang an versucht Fantasy als auch Sci-Fi darzustellen. Inhaltlich ist er sehr um praktische Beispiele bemüht und nutzt einen absolut systemneutralen Ansatz. Die Vielzahl von abgedeckten Themen sorgt natürlich dafür, dass nicht alles in epischer Breite dargestellt wird. Muss es auch gar nicht, ich empfinde das eher als einen Pluspunkt. Durch das ganze Buch verteilt finden sich diverse Tabellen, von NPC Motivationen und Ersteindrücken bis zu Abenteuer-Seeds. Praktisch fand ich vor allem die Tabellen zu Gebäudetypen im Bereich zum Spielen ohne Karten. Besonders löblich: Die im Buch verteilten Tabellen finden sich am Ende des Buches noch einmal zusammengefasst. Einziger Wermutstropfen: Alle Tabelleneinträge sind zwar nummeriert, die Anzahl der Einträge entspricht aber leider oft keinem Würfel. Das Buch enthält außer Tipps auch einiges was ich unter „Hausregeln“ verorten würde. Ich tue mir schwer das Buch auf der „Vorbereiter“ oder „Improvisierer“-Skala zu platzieren. Manches erscheint mir zu viel Arbeit aber überall gibt es Tipps wie man mit wenig Vorbereitung ein Abenteuer leiten kann. Ich habe normalerweise ja gar kein Problem mit Englisch aber den Stil des Authors fand ich sehr langweilig und gewöhnungsbedürftig. Es ist mir schwer gefallen das Buch zu lesen. Der Inhalt macht aber einiges wett. Mir hat es gut genug gefallen das ich mir eine Softcoverversion davon gekauft habe. Da das PDF kostenfrei ist gibt es keinen Grund sich das Buch nicht anzusehen.
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„Dungeon Alphabet“ von Goodman Games
Chaosmeister: Braucht es Inspiration oder Hilfe beim Dungeonbau? Dann ist das Buch genau das Richtige. Enthält Zufallstabellen für alles Mögliche (und natürlich unmögliche). Von Altären über Fungi bis hin zu „Sechs unheilvolle Anwendungen für die Farbe Gelb“ ist diverses verrückte dabei. Allerdings alles sehr „Old School“, das muss man mögen. Die sehr zahlreichen, old-schooligen Schwarz/Weißen-Illustrationen sind allerdings fantastisch und fast alleine den Preis wert. Ich nutze es nicht direkt am Tisch sondern lasse mich in der Vorbereitung Inspirieren.
Liechtenauer: Die Meinung teile ich uneingeschränkt: Die Tabellen sind durchweg gut bis sehr gut und die Zeichnungen absolut genial und lustig. Ich finde vor allem die Idee der Alphabetisierung lustig („A is for Altars“, „B is for Books“, „C is for Caves“, „D is for Doors“, usw.). Das vermittelt einem so ein bisschen das Gefühl, dass man alles bedacht hat was Dungeons angeht, sobald man bei Z angekommen ist. Absolut gelungener Ideengeber in ansprechender Optik.
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Random Esoteric Creature Generator for Classic Fantasy Role-Playing Games and their Modern Simulacra von Goodman Games
Chaosmeister: Ein geiler Buchtitel oder? Im Endeffekt aber nichts anderes als ein Monsterzufallsgenerator. Wenn man eben mal nicht Orks und Drachen auf die Spieler hetzen will sondern wirklich etwas komplett neues, fremdes und etwas das vielleicht auch den Spielleiter überrascht, dann ist das das richtige Buch. Wieder sehr starker OSR Fokus. Das ganze basiert auf D20, also DnD. Die erwürfelten Ideen lassen sich aber sehr einfach auf ein beliebiges System übertragen.
Liechtenauer: Stimmt, origineller Buchtitel. Das wars aber dann auch schon. Ich muss sagen das Buch haut mich nicht sonderlich um. Nach dem bei US-Schreiberlingen üblichen vor Selbstbewusstsein strotzenden Intro („Fürchte dich nicht Spielleiter, ich werde dein erbärmliches Spiel retten!“) geht es sofort ab in die Tiefen der D&D-Wertemechanik mit den jeweiligen Tabellen zu Monstergröße, -form, Bewegungsrate, Rüstungsklasse, etc. Das nimmt in meinem Empfinden sofort die Stimmung raus und macht das Ganze zu einer recht sterilen Würfelübung. Zugegeben, in den einzelnen Tabellen findet sich schon die ein oder andere originelle Idee zu besonderen Angriffsarten, Verteidigungsstrategien und ähnliches, aber insgesamt sind das recht wenige. Das meiste kennt man doch schon irgendwoher. Als Pluspunkt gibt es aber sehr gelungene Zeichnungen einiger haarsträubender Kreationen. Für jemanden wie mich, dem die regeltechnische Ausarbeitung leicht von der Hand geht, sobald er eine stimmige Monsteridee vor Augen hat, wäre ein Buch nur mit derartigen Konzeptzeichnungen von größerem Wert.
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„PC Pearls“ von Goodman Games
Chaosmeister: Leider das einzige Buch in dieser Liste für Spieler. Enthält ein paar gute Tipps und Ideen zur Charaktererschaffung, wie man als Gruppe spielt etc. Leider ist manches darin nicht ganz so ernst gemeint, aber mitten in den durchaus guten Tipps. Also Augen auf beim Lesen! Toll für jeden der vielleicht ein wenig Inspiration braucht um seinem Charakter etwas Tiefe zu geben und nicht der Typische „Meine Eltern wurden von Orks getötet, ich habe keine Familie und komme von weit her“ Charakter zu sein. Das meiste lässt sich auch prima für NSC nutzen.
Liechtenauer: Dem stimme ich voll und ganz zu. Wenn ihr euch wundert, dass euer farbloser Standard-Rogue euch nach zehn Jahren irgendwie keinen Spaß mehr macht, kann dieses Buch echt helfen mit einem originellen neuen Charakterkonzept warm zu werden. Und das nicht nur mithilfe von Charakter-Fragebögen, Hintergrundgeschichten und Charaktereigenheiten für einzelne Spieler. Hier sind auch durchaus witzige Konzepte für eine ganze Gruppe drin. Besonders unterhaltsam liest sich auch der Strategieteil für Spieler bzw. das Überleben ihrer Charaktere. Da sind viele nützliche Tipps drin wie z.B. „Always examine the ceiling in every cavern before entering“ oder „If you’re certain you can sneak up on it — you can’t.“ oder „When fleeing, never run into an unexplored room. Whatever lives there also wants to kill you.“ Die werden vielen erfahrenen Spielleitern und Spielern ein erkennendes Lächeln ins Gesicht zaubern.
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„GM Gems“ von Goodman Games
Chaosmeister: Das Partnerprodukt zu PC Pearls. Zufallstabellen und noch mehr Zufallstabellen für alles Mögliche, zwischendrin Tipps und Ideen zu allem möglichen wie Lichtquellen, wie man Gerüche beschreibt, lokale Mythen, Tavernen, Ungewöhnliche Feiertage etc. Super als Inspiration und die eine oder andere Tabelle die die Welt mit Leben füllt. Eben ein buntes Sammelsurium an Ideen, von harmlos bis superschräg. leider nicht sonderlich gut sortiert. Aber der Inhalt kann leicht auf alles Mögliche adaptiert werden, und ist damit für mehr als nur eine Kampagne nützlich.
Liechtenauer: „A Collection of Game Master Inspiration“ ist auf der ersten Seite zu lesen, und genau das erwartet einen auch in diesem hübschen Hardcover-Band: Eine Ansammlung von Aufsätzen verschiedener Autoren zu den verschiedensten Rollenspiel-Themen. Eine durchgängige Struktur wie bei anderen Gamemastering-Hilfen findet man also nicht vor, dafür aber jede Menge origineller und teilweise skurriler Ideen, die man mal irgendwo einbauen kann. Hier gibt es zum Beispiel Tabellen alchemistischer Unfälle, Vorfälle im Hafenviertel, seltsame Mythen und deren wahrer Hintergrund, schräge Aufnahmerituale, außergewöhnliche Tavernen, Zufallsbegegnungen, ungewöhnliche magische Eigenschaften und noch vieles mehr. Mir gefällt vor allem diese Auswahl an Aspekten, die noch nicht zum hundertsten Mal in jedem Spielleiterhandbuch abgehandelt wurden. Auf jeden Fall nützlich das Buch.
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„NPC Essentials“ von Johnn Four
Chaosmeister: Zu diesem Buch habe ich eine Art Hassliebe. Auf der einen Seite enthält es echt viele Informationen und Material zur Erstellung von spannenden, dreidimensionalen NSC, zum anderen enthält es echt VIELE Informationen und Material zur Erstellung von spannenden, dreidimensionalen NSC. Vieles darin finde ich einfach echt übertrieben und aufwändig. Aber es ist interessant durchzulesen und als Inspirationsquelle super. Nur würde ich damit niemals einen NPC erstellen, viel zu umfangreich. Am besten die Ideen rausnehmen die einem gefallen und den Rest vergessen.
Liechtenauer: Also wenn das die „Essentials“ sind, wieviel Regalmeter füllt dann die Vollversion? Auch wenn ich die Publikationen von Johnn Four sonst sehr schätze, aber für NSCs scheint mir der hier beschriebene Aufwand übertrieben. Und man läuft so glaube ich ziemlich leicht in die Falle zu sehr an seinen NSCs zu hängen, wenn man sie erstmal bis zur Schuhgröße und Grundschulfreunden ausgearbeitet hat. Da liegt mir Masks von Engine Publishing wesentlich besser.
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„Of Towns and Heroes“ von DWD Studios
Chaosmeister: Die Spieler kommen in eine neue Stadt und… Ja was? Dieses Buch hilft mir dabei das jedes Dorf und jede Stadt anders ist und überall irgendetwas Verrücktes, Interessantes oder spannendes passiert. Von kleinen Vignetten zu Plotideen und schrägen Begegnungen ist alles Mögliche dabei. Also Bonus sind im Buch noch diverse Karten von Städtchen und Dörfern. Auch eines der Bücher die immer an meiner Seite liegen.
Liechtenauer: Dieses liebevoll zusammengestellte Büchlein hat es mir auch gleich beim Aufschlagen angetan. Im Inneren dieses 42-seitigen Heftchens finden sich 100 gute bis sehr gute Plot- oder Sidequest-Ideen, die jede ansonsten zu geradlinige Kampagne oder Reise ordentlich aufpeppen können. Ein toller Ideengeber, der durch die schönen Bleistiftzeichnungen der entsprechenden Orte bereichert wird. Mit einem W100 drauf würfeln würde ich allerdings nicht, wie von den Autoren vorgesehen, da sich die Plots doch in Umfang und „Power Level“ stark unterscheiden und nicht in jede Kampagne passen.
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Story Games Name Project“ von Bully Pulpit Games/Game Stew
Chaosmeister: Ein Buch voller Namen aus verschiedenen Zeitperioden, Kulturkreisen etc. Extrem nützlich für jeden SL wie mich der es schwierig findet sich Namen auszudenken. Gerade die unterschiedlichen, kulturellen Listen sind äußerst hilfreich. Leider sind es davon fast zu wenige. Sehr Empfehlenswert und immer in meinem SL Koffer.
Liechtenauer: Krass, ein fast 300 Seiten starkes Nachschlagewerk nur mit Namen. Da gibt es Listen zeitgenössischer Namen aus 30 realen Kulturkreisen, historische Namen geschichtsträchtiger Völker (z.B. Römer, Wikinger, Perser, Kelten, Griechen, Azteken, etc.) aber auch Fantasy-Namen (Elven, Feen, Dämonen, etc.) bis hin zu humoristischen Namen (z.B. für Pornodarsteller oder Barbaren). Braucht ihr den Namen eines abgedrehten Space Cowboys mit koreanischen Wurzeln? Nichts leichter als das. Und nicht nur Eigennahmen finden sich hier sondern auch spezielle Adjektive, Titel oder Orte. Wer sich schwer tut mit origineller Namensgebungen, für den ist das hier wohl der heilige Gral für die nächsten Jahrzehnte Rollenspiel.
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Chaosmeister: Als Schlusswort sei noch gesagt das all diese Bücher aus niemandem einen „perfekten“ Spielleiter machen. Den gibt es nicht. Auch wenn ich das alles gelesen habe ist es doch etwas völlig anderes es auch in die Praxis umzusetzen. Ein richtig guter Spielleiter wird man nur in dem man leitet und leitet und noch mehr leitet. Man wird meiner Meinung nach allerdings nicht besser wenn man abgeschottet von anderen Einflüssen leitet und z.B. nie bei einem anderen Spielleiter mitspielt, nie neue Spieler hat oder sich nicht mit anderen SLs austauscht. Wir alle brauchen Inspiration und Ideen von denen wir beim Leiten und Vorbereiten profitieren. Daher denke Ich, dass diese Bücher sinnvoll sind, da sie einem oft eine neue Perspektive eröffnen. Egal ob man gerade erst angefangen hat oder schon Jahrzehnte dabei ist. Dazu sind sie oft wertvolle Werkzeuge die einem das Vorbereiten von Spielabenden sehr erleichtern und etwas Frisches in ein Spiel hinein bringen können.
Liechtenauer: Marcus‘ Rat mit dem „leiten, leiten, leiten“ kann ich nur sekundieren. Routine kommt mit der Zeit. Vor allem aber darf man sich nicht entmutigen lassen, denn es kommt bei fast jedem Spielleiter mal die eine Spielsitzung, die komplett in die Grütze geht. Entweder der Plot funktioniert nicht, weil die Spieler komplett anderst denken als man erwartet hätte. Vielleicht haben aber auch ein paar der Spieler grad andere Sachen im Kopf und eigentlich gar keine Lust zu spielen. Oder aber zwei kriegen sich derart in die Haare (meist GM und ein Spieler), dass es die ganze Atmosphäre vergiftet und man die Kurve nicht mehr kriegt. Da kann ich nur raten für den Abend den Stecker zu ziehen, denn es hat keinen Wert eine Sitzung auf Gedeih und Verderb zu Ende bringen zu wollen, wenn der Haussegen schief hängt oder die ersten anfangen mehr im Smartphone zu blättern als mitzuspielen. Für den Spielleiter ist das frustig, weil die Vorbereitung – die auch beim lazy GM drinsteckt – nicht die entsprechende Wertschätzung erhält und die Spieler fühlen sich in ihrem Frust übergangen oder langweilen sich. Man sollte aber auf jeden Fall auch gleich einen Termin fürs nächste Mal vereinbaren und bis dahin alle eventuellen Themen bilateral glätten. Auch sehr gute Spielleiter haben mal einen schlechten Tag. Aufgeben sollte da keine Option sein und oft kommt aus der vermeintlichen Sackgasse sogar noch was Gutes raus. Zu dem Thema habe ich bisher in den meisten Büchern bis auf das allgegenwärtige „Der richtige Umgang mit verschiedenen Spielertypen“ nur wenig gefunden. Rollenspiel ist Kommunikation und das darf auch mal schiefgehen.
Was ist eure Meinung dazu? Wir freuen uns auf eure Kommentare!