Archiv der Kategorie: Rezension

Nützliche Sekundärliteratur für Rollenspieler (Teil 2)


Wie schon im ersten Teil dieses Artikels angesprochen gibt es ein paar Kellerkinder unter uns, die sich auch außerhalb der Spiele die wir selber leiten auf der Ebene der Sekundärliteratur viel mit dem Hobby befassen. Damit meinen wir in erster Linie systemneutrale Themen wie „gutes“ Spielleiten, nützliche Spielhilfen oder Tools für Kampagnenmanagement und Weltenbau. So kommt man immer wieder auf neue Ideen und bringt sich dazu auch öfter mal über den Tellerrand zu schauen.

Außer den zahlreichen Blogs und Online Ressourcen gibt es da auch das eine oder andere Buch das uns sehr inspiriert hat oder gar ein unverzichtbares Werkzeug am Spieltisch geworden ist. Diese Liste wollen wir mal mit euch teilen und sind gespannt auf eure Meinungen dazu.

Aufgrund der schieren Menge an Büchern, die sich über die Jahre angesammelt haben, haben wir den Artikel aufgeteilt. Hier nun der zweite Teil, diskutiert von zwei grundsätzlich unterschiedlichen Spielleitertypen aus dem Keller:

Johannes “Liechtenauer”: Taktischer Spielleiter mit einer Vorliebe für komplexe Regelsysteme und obsessiver Vorbereiter

Marcus “Chaosmeister”: Lazy GM, eher spontanter Improvisierer der regelleichte Systeme bevorzugt

  1. Focal Point“ von Engine Publishing

focal pointLiechtenauer: Als drittes Buch unseres Projektmanagers aus Never Unprepared und Odyssey, macht Focal Point jetzt nochmal einen Schritt zurück und befasst sich damit, wie man außergewöhnliche Spielabende leitet, angefangen von der richtigen Umgebung, über den Ablauf, das Script, spezifische Erzähl-/Präsentationstechniken bis hin zu Special Effects, Requisiten, Geländeteile sowie Geräuschen und Musik. Hierbei wird getrennt auf die drei Spielleiter-Rollen als Geschichtenerzähler, Schiedsrichter und Entertainer eingegangen, die von den drei Co-Autoren eingenommen werden, dem Projektmanager und dem Lazy GM aus Odyssey sowie einem neuen Spielleiter dessen Stärken eher im Bereich des Entertainers liegen. Das Werk ist echt umfassend, wieder toll strukturiert und bisher eines meiner Lieblingswerke zum Thema Spielleiten. Mir fällt eigentlich kein Aspekt des Hobbys ein, den das Buch nicht ausreichend beleuchtet. Ich denke jeder Spielleiter wird in den drei wieder sehr strukturiert ausgearbeiteten Blickwinkeln Dinge finden, die er sich selbst ins Buch schreiben kann, um seine SL-Fähigkeiten noch weiter auszubauen. Sehr hilfreich finde ich dabei auch die Herausforderungen (Challenges) am Ende jedes Abschnitts, anhand derer man das Gelesene sofort umsetzen kann.

Chaosmeister: Focal Point. Bereits der Name deutet an das man sich hier ausgiebig der Begrifflichkeiten aus Film und Fernsehen bedienen wird. Das wirkt sehr bemüht bis teilweise deplatziert. Es gibt ja das eine oder andere das man sich aus der Filmtechnik ausleihen kann, aber RPG ist ein Interaktives medium und Film ein passives, daher fand ich diese Vergleiche schon oft sehr fragwürdig. Zunächst das Positive: Für Einsteiger deckt das Buch wirklich eine Menge Bereiche ab, vom Modellbau bis zur Improvisation. Was aber eben auch dazu führt das so manches für den Leser unbrauchbar ist, je nach eigenem Spielstil. Z.B. Kommt etwas das mich interessiert erst in Kapitel 5, Seite 56. Alles davor war für mich aktuell relativ nutzlos. Zugegeben, vor ein paar Jahren als ich noch viel mit Miniaturen gespielt habe wäre es wahrscheinlich wesentlich spannender gewesen. Gut ist, dass man immer wieder aufgefordert wird seine eigene Herangehensweise zu überdenken. Die Artikel reichen von handfest/praktisch bis zu theoretisch/philosophisch. Die Mischung finde ich gut gelungen. Der schiere Umfang dieses Buches ist erstaunlich, und es gibt sehr viele sehr nützliche Tipps, auch für erfahrene Spielleiter. Aber eben auch vieles das man schon kennt wenn man Spielleitererfahrung hat. Aus der bisherigen Never Unprepared/Oddysey/Focal Point-Triologie das einzige Buch dem ich eine klare Kaufempfehlung aussprechen würde…wenn nur der nervige Filmjargon nicht wäre. Damit muss man klarkommen, mich hat es zum Teil wirklich sehr gestört.

  1. Grimmzahns Fallen I-IV vom Games-In Verlag

grimmzahns 1Liechtenauer: Diese mittlerweile schon betagten Werke sind in meinen Augen ein absolutes Muss für jeden old-school Rollenspielfan. In jedem der vier systemneutralen Spielhilfen werden jeweils 100 perfide Fantasy-Fallen vorgestellt, die nicht selten geeignet sind selbst eine hochstufige Abenteurer-Gruppe innerhalb weniger Sekunden bis auf den letzten Fackelträger auszulöschen. Daher sollte man die meisten TPK-Mechanismen auch nicht ganz so ernst nehmen. Es sind aber auch welche dabei, die weniger tödlich wirken und trotzdem einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Bei meinen Runden reicht es mittlerweile schon aus, dass ich eins der Bücher mit ein paar Post-its drin neben meinem Spielleiterplatz liegen habe und die Gruppe bewegt sich auf Zehenspitzen durch das Abenteuer. Und wenn sich einer der Spieler wieder mal vehement gegen das eigentlich vorbereitete Abenteuer sträubt, biete ich immer gern „Eine entführte Gräfin aus Lord Grimmzahns Schloss befreien“ als Alternativszenario an. Das kürzt die manchmal nervige „Warum sollte mein Charakter das machen“-Diskussion meistens ziemlich ab. Auch wenn man die hier dargestellten Mechanismen im Spiel nicht oder zumindest nicht oft einsetzt, so wird man zumindest prächtig unterhalten und beim Lesen wegen der Originalität der Ideen einige Male in schallendes Gelächter ausbrechen.

Chaosmeister: Als Buch zum Lesen für den Unterhaltungswert allemal interessant. Aber als wirklich praktisches Buch für den Spieltisch? Dafür ist mir darin zu viel „Gotcha!“-Material. Die meisten Fallen scheinen mir einfach nur unfair und tödlich zu sein. Und nur lustig wenn man es liest. Ich kenne genug Spielleiter die auf das Buch und seine „abschreckende“ Wirkung schwören. Ich bin kein Fan von Fallen im Allgemeinen, daher bin ich wohl nicht die Zielgruppe für das Buch. Wenn man aber auf wirklich klassische Dungeons mit unfairen und oft tödlichen Fallen steht ist das Buch mit Sicherheit eine tolle Investition.

  1. Play Unsafe” von Graham Walmsleyplay unsafe

Chaosmeister: Ein Buch das aus dem Improvisationstheater heraus geschrieben wurde. Der eine oder andere Tipp ist durchaus dabei wenn es um das darstellen und improvisieren von Charakteren geht. Auch zum Thema Zusammenspiel am Spieltisch, das geben und nehmen im gemeinsamen Geschichtenerzählen. Alles in allem aber eher für „Erzählspiele“ geeignet, nur sehr marginal für klassischere Rollenspiele. Muss man nicht gelesen haben.

Liechtenauer: Überraschenderweise hat mir das Buch ganz gut gefallen, obwohl ich gar nicht die primäre Zielgruppe dafür bin. Vielleicht liegt das aber genau daran, dass mir als exzessivem Vorbereiter diese Spielweise nicht so intuitiv naheliegt wie dem Chaosmeister. Daher finde ich das Werk durchaus lesenswert. Hier findet man das, was man bei „Unframed“ vergeblich sucht: Einen Ansatz, oder viel eher eine Philosophie wie man einen Spielabend ohne lange Vorbereitung und nur mit ein paar Schlüsselworten improvisiert und für alle Beteiligten zu einem erfreulichen Erlebnis macht. Die Antwort ist genauso einfach wie vielleicht enttäuschend: „Man macht sich keine Gedanken darüber und tut es einfach“. Die wesentliche Leistung des Buches liegt nun aber nicht darin, einem auf 80 Seiten diese einfache Erkenntnis zu vermitteln, sondern eher einem ein Stück weit die Furcht davor zu nehmen und ein paar nützliche Tipps für diese Spielweise an die Hand zu geben. Wenn es euch öfter mal wie mir geht, dass ihr aufgrund übertriebener Vorbereitung einfach nie in der Zeit bleibt, alles viel länger dauert als erwartet, oder wenn der Spielleiterjob irgendwie in Stress ausartet, dann sollte man sich zumindest einmal zwischendurch die Philosophie dieses Buches zu Herzen nehmen und das Wagnis eingehen: „Hör auf um jeden Preis außergewöhnlich sein zu wollen, plane nicht voraus sondern reagiere nur, hör zu und lass das Naheliegende geschehen, lass dich von deinen Spielern und eurem Abenteuer überraschen und das Spiel wird brillant werden!“. Zugegeben, ein Ansatz der vor allem den Mut erfordert, als Spielleiter die Deckung fallen zu lassen und sich gefühlt verwundbar zu machen. Aber auch wenn Improvisation nicht der präferierte Spielstil ist (er nimmt einem schließlich den Spaß an der Vorbereitung), so finde ich jeder Spielleiter sollte das in einem System, in dem er sich ausreichend trittsicher fühlt zumindest einmal ausprobiert haben. Schnappt euch mal eine der Plot-Ideen aus „Eureka“ oder „Of Towns and Heroes“ und schaut, wie weit ihr nur mit dieser halben Seite mit eurer Gruppe kommt. In der großen Vielzahl der Fälle wird man feststellen, dass eigentlich gar nicht so viel schiefgehen kann beim Spielleiten wenn alle Mitspieler mit Spaß im Sinn an den Spieltisch kommen.

  1. Gamemastering” von Brian Jamison

gamemasteringLiechtenauer: Ein ähnliches aber viel ausführlicheres Werk wie Robin Laws „gutes Spieleiten“, über das ich mal gestolpert bin trägt den phantasievollen Namen „Gamemastering – The Essential Guide for Roleplaying Gamemasters “ und kann hier kostenlos heruntergeladen werden. Ich fand das richtig gut, weil es auch ein paar innovative Ansätze enthält die mir bisher noch nicht hundertmal über den Weg gelaufen sind, zum Beispiel wie man die Charaktere und die Kampagne vorab mit den Spielern gemeinsam aufeinander abstimmen kann, ohne die Spannung rauszunehmen. Darüber hinaus gibt es viele praktische Beispiele mit zwei exemplarischen, generischen Charakteren (einer Fantasy, einer Science Fiction) und massenweise Tabellen für alles Mögliche (City Design, Charaktereigenschaften, etc.). Das würde ich jedem Neu-SL ans Herz legen. Leider wieder nur in Englisch erhältlich.

Chaosmeister: In der Tat wieder ein sehr umfangreiches Buch das eine breite Palette an Themen abdecken will und auch recht erfolgreich tut. Ich begrüße besonders, dass er von Anfang an versucht Fantasy als auch Sci-Fi darzustellen. Inhaltlich ist er sehr um praktische Beispiele bemüht und nutzt einen absolut systemneutralen Ansatz. Die Vielzahl von abgedeckten Themen sorgt natürlich dafür, dass nicht alles in epischer Breite dargestellt wird. Muss es auch gar nicht, ich empfinde das eher als einen Pluspunkt. Durch das ganze Buch verteilt finden sich diverse Tabellen, von NPC Motivationen und Ersteindrücken bis zu Abenteuer-Seeds. Praktisch fand ich vor allem die Tabellen zu Gebäudetypen im Bereich zum Spielen ohne Karten. Besonders löblich: Die im Buch verteilten Tabellen finden sich am Ende des Buches noch einmal zusammengefasst. Einziger Wermutstropfen: Alle Tabelleneinträge sind zwar nummeriert, die Anzahl der Einträge entspricht aber leider oft keinem Würfel. Das Buch enthält außer Tipps auch einiges was ich unter „Hausregeln“ verorten würde. Ich tue mir schwer das Buch auf der „Vorbereiter“ oder „Improvisierer“-Skala zu platzieren. Manches erscheint mir zu viel Arbeit aber überall gibt es Tipps wie man mit wenig Vorbereitung ein Abenteuer leiten kann. Ich habe normalerweise ja gar kein Problem mit Englisch aber den Stil des Authors fand ich sehr langweilig und gewöhnungsbedürftig. Es ist mir schwer gefallen das Buch zu lesen. Der Inhalt macht aber einiges wett. Mir hat es gut genug gefallen das ich mir eine Softcoverversion davon gekauft habe. Da das PDF kostenfrei ist gibt es keinen Grund sich das Buch nicht anzusehen.

  1. Dungeon Alphabet“ von Goodman GamesDungeonAlphGMG4385CoverLarge

 Chaosmeister: Braucht es Inspiration oder Hilfe beim Dungeonbau? Dann ist das Buch genau das Richtige. Enthält Zufallstabellen für alles Mögliche (und natürlich unmögliche). Von Altären über Fungi bis hin zu „Sechs unheilvolle Anwendungen für die Farbe Gelb“ ist diverses verrückte dabei. Allerdings alles sehr „Old School“, das muss man mögen. Die sehr zahlreichen, old-schooligen Schwarz/Weißen-Illustrationen sind allerdings fantastisch und fast alleine den Preis wert. Ich nutze es nicht direkt am Tisch sondern lasse mich in der Vorbereitung Inspirieren.

Liechtenauer: Die Meinung teile ich uneingeschränkt: Die Tabellen sind durchweg gut bis sehr gut und die Zeichnungen absolut genial und lustig. Ich finde vor allem die Idee der Alphabetisierung lustig („A is for Altars“, „B is for Books“, „C is for Caves“, „D is for Doors“, usw.). Das vermittelt einem so ein bisschen das Gefühl, dass man alles bedacht hat was Dungeons angeht, sobald man bei Z angekommen ist. Absolut gelungener Ideengeber in ansprechender Optik.

  1. Random Esoteric Creature Generator for Classic Fantasy Role-Playing Games and their Modern Simulacra von Goodman Games

51u367mCY2L._SX384_BO1,204,203,200_Chaosmeister: Ein geiler Buchtitel oder? Im Endeffekt aber nichts anderes als ein Monsterzufallsgenerator. Wenn man eben mal nicht Orks und Drachen auf die Spieler hetzen will sondern wirklich etwas komplett neues, fremdes und etwas das vielleicht auch den Spielleiter überrascht, dann ist das das richtige Buch. Wieder sehr starker OSR Fokus. Das ganze basiert auf D20, also DnD. Die erwürfelten Ideen lassen sich aber sehr einfach auf ein beliebiges System übertragen.

Liechtenauer: Stimmt, origineller Buchtitel. Das wars aber dann auch schon. Ich muss sagen das Buch haut mich nicht sonderlich um. Nach dem bei US-Schreiberlingen üblichen vor Selbstbewusstsein strotzenden Intro („Fürchte dich nicht Spielleiter, ich werde dein erbärmliches Spiel retten!“) geht es sofort ab in die Tiefen der D&D-Wertemechanik mit den jeweiligen Tabellen zu Monstergröße, -form, Bewegungsrate, Rüstungsklasse, etc. Das nimmt in meinem Empfinden sofort die Stimmung raus und macht das Ganze zu einer recht sterilen Würfelübung. Zugegeben, in den einzelnen Tabellen findet sich schon die ein oder andere originelle Idee zu besonderen Angriffsarten, Verteidigungsstrategien und ähnliches, aber insgesamt sind das recht wenige. Das meiste kennt man doch schon irgendwoher. Als Pluspunkt gibt es aber sehr gelungene Zeichnungen einiger haarsträubender Kreationen. Für jemanden wie mich, dem die regeltechnische Ausarbeitung leicht von der Hand geht, sobald er eine stimmige Monsteridee vor Augen hat, wäre ein Buch nur mit derartigen Konzeptzeichnungen von größerem Wert.

  1. PC Pearls“ von Goodman Games

57424.jpgChaosmeister: Leider das einzige Buch in dieser Liste für Spieler. Enthält ein paar gute Tipps und Ideen zur Charaktererschaffung, wie man als Gruppe spielt etc. Leider ist manches darin nicht ganz so ernst gemeint, aber mitten in den durchaus guten Tipps. Also Augen auf beim Lesen!  Toll für jeden der vielleicht ein wenig Inspiration braucht um seinem Charakter etwas Tiefe zu geben und nicht der Typische „Meine Eltern wurden von Orks getötet, ich habe keine Familie und komme von weit her“ Charakter zu sein. Das meiste lässt sich auch prima für NSC nutzen.

Liechtenauer: Dem stimme ich voll und ganz zu. Wenn ihr euch wundert, dass euer farbloser Standard-Rogue euch nach zehn Jahren irgendwie keinen Spaß mehr macht, kann dieses Buch echt helfen mit einem originellen neuen Charakterkonzept warm zu werden. Und das nicht nur mithilfe von Charakter-Fragebögen, Hintergrundgeschichten und Charaktereigenheiten für einzelne Spieler. Hier sind auch durchaus witzige Konzepte für eine ganze Gruppe drin. Besonders unterhaltsam liest sich auch der Strategieteil für Spieler bzw. das Überleben ihrer Charaktere. Da sind viele nützliche Tipps drin wie z.B. „Always examine the ceiling in every cavern before entering“ oder „If you’re certain you can sneak up on it — you can’t.“ oder „When fleeing, never run into an unexplored room. Whatever lives there also wants to kill you.“ Die werden vielen erfahrenen Spielleitern und Spielern ein erkennendes Lächeln ins Gesicht zaubern.

  1. GM Gems“ von Goodman Games

54423Chaosmeister: Das Partnerprodukt zu PC Pearls. Zufallstabellen und noch mehr Zufallstabellen für alles Mögliche, zwischendrin Tipps und Ideen zu allem möglichen wie Lichtquellen, wie man Gerüche beschreibt, lokale Mythen, Tavernen, Ungewöhnliche Feiertage etc. Super als Inspiration und die eine oder andere Tabelle die die Welt mit Leben füllt. Eben ein buntes Sammelsurium an Ideen, von harmlos bis superschräg. leider nicht sonderlich gut sortiert. Aber der Inhalt kann leicht auf alles Mögliche adaptiert werden, und ist damit für mehr als nur eine Kampagne nützlich.

Liechtenauer: „A Collection of Game Master Inspiration“ ist auf der ersten Seite zu lesen, und genau das erwartet einen auch in diesem hübschen Hardcover-Band: Eine Ansammlung von Aufsätzen verschiedener Autoren zu den verschiedensten Rollenspiel-Themen. Eine durchgängige Struktur wie bei anderen Gamemastering-Hilfen findet man also nicht vor, dafür aber jede Menge origineller und teilweise skurriler Ideen, die man mal irgendwo einbauen kann. Hier gibt es zum Beispiel Tabellen alchemistischer Unfälle, Vorfälle im Hafenviertel, seltsame Mythen und deren wahrer Hintergrund, schräge Aufnahmerituale, außergewöhnliche Tavernen, Zufallsbegegnungen, ungewöhnliche magische Eigenschaften und noch vieles mehr. Mir gefällt vor allem diese Auswahl an Aspekten, die noch nicht zum hundertsten Mal in jedem Spielleiterhandbuch abgehandelt wurden. Auf jeden Fall nützlich das Buch.

  1. NPC Essentials“ von Johnn Four

2353Chaosmeister: Zu diesem Buch habe ich eine Art Hassliebe. Auf der einen Seite enthält es echt viele Informationen und Material zur Erstellung von spannenden, dreidimensionalen NSC, zum anderen enthält es echt VIELE Informationen und Material zur Erstellung von spannenden, dreidimensionalen NSC. Vieles darin finde ich einfach echt übertrieben und aufwändig. Aber es ist interessant durchzulesen und als Inspirationsquelle super. Nur würde ich damit niemals einen NPC erstellen, viel zu umfangreich. Am besten die Ideen rausnehmen die einem gefallen und den Rest vergessen.

Liechtenauer: Also wenn das die „Essentials“ sind, wieviel Regalmeter füllt dann die Vollversion? Auch wenn ich die Publikationen von Johnn Four sonst sehr schätze, aber für NSCs scheint mir der hier beschriebene Aufwand übertrieben. Und man läuft so glaube ich ziemlich leicht in die Falle zu sehr an seinen NSCs zu hängen, wenn man sie erstmal bis zur Schuhgröße und Grundschulfreunden ausgearbeitet hat. Da liegt mir Masks von Engine Publishing wesentlich besser.

  1. Of Towns and Heroes“ von DWD Studios

127436Chaosmeister: Die Spieler kommen in eine neue Stadt und… Ja was? Dieses Buch hilft mir dabei das jedes Dorf und jede Stadt anders ist und überall irgendetwas Verrücktes, Interessantes oder spannendes passiert. Von kleinen Vignetten zu Plotideen und schrägen Begegnungen ist alles Mögliche dabei. Also Bonus sind im Buch noch diverse Karten von Städtchen und Dörfern. Auch eines der Bücher die immer an meiner Seite liegen.

Liechtenauer: Dieses liebevoll zusammengestellte Büchlein hat es mir auch gleich beim Aufschlagen angetan. Im Inneren dieses 42-seitigen Heftchens finden sich 100 gute bis sehr gute Plot- oder Sidequest-Ideen, die jede ansonsten zu geradlinige Kampagne oder Reise ordentlich aufpeppen können. Ein toller Ideengeber, der durch die schönen Bleistiftzeichnungen der entsprechenden Orte bereichert wird. Mit einem W100 drauf würfeln würde ich allerdings nicht, wie von den Autoren vorgesehen, da sich die Plots doch in Umfang und „Power Level“ stark unterscheiden und nicht in jede Kampagne passen.

  1. Story Games Name Project“ von Bully Pulpit Games/Game Stew

StoryGamesChaosmeister: Ein Buch voller Namen aus verschiedenen Zeitperioden, Kulturkreisen etc. Extrem nützlich für jeden SL wie mich der es schwierig findet sich Namen auszudenken. Gerade die unterschiedlichen, kulturellen Listen sind äußerst hilfreich. Leider sind es davon fast zu wenige. Sehr Empfehlenswert und immer in meinem SL Koffer.

Liechtenauer: Krass, ein fast 300 Seiten starkes Nachschlagewerk nur mit Namen. Da gibt es Listen zeitgenössischer Namen aus 30 realen Kulturkreisen, historische Namen geschichtsträchtiger Völker (z.B. Römer, Wikinger, Perser, Kelten, Griechen, Azteken, etc.) aber auch Fantasy-Namen (Elven, Feen, Dämonen, etc.) bis hin zu humoristischen Namen (z.B. für Pornodarsteller oder Barbaren). Braucht ihr den Namen eines abgedrehten Space Cowboys mit koreanischen Wurzeln? Nichts leichter als das. Und nicht nur Eigennahmen finden sich hier sondern auch spezielle Adjektive, Titel oder Orte. Wer sich schwer tut mit origineller Namensgebungen, für den ist das hier wohl der heilige Gral für die nächsten Jahrzehnte Rollenspiel.

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 Chaosmeister: Als Schlusswort sei noch gesagt das all diese Bücher aus niemandem einen „perfekten“ Spielleiter machen. Den gibt es nicht. Auch wenn ich das alles gelesen habe ist es doch etwas völlig anderes es auch in die Praxis umzusetzen. Ein richtig guter Spielleiter wird man nur in dem man leitet und leitet und noch mehr leitet. Man wird meiner Meinung nach allerdings nicht besser wenn man abgeschottet von anderen Einflüssen leitet und z.B. nie bei einem anderen Spielleiter mitspielt, nie neue Spieler hat oder sich nicht mit anderen SLs austauscht. Wir alle brauchen Inspiration und Ideen von denen wir beim Leiten und Vorbereiten profitieren. Daher denke Ich, dass diese Bücher sinnvoll sind, da sie einem oft eine neue Perspektive eröffnen. Egal ob man gerade erst angefangen hat oder schon Jahrzehnte dabei ist. Dazu sind sie oft wertvolle Werkzeuge die einem das Vorbereiten von Spielabenden sehr erleichtern und etwas Frisches in ein Spiel hinein bringen können.

Liechtenauer: Marcus‘ Rat mit dem „leiten, leiten, leiten“ kann ich nur sekundieren. Routine kommt mit der Zeit. Vor allem aber darf man sich nicht entmutigen lassen, denn es kommt bei fast jedem Spielleiter mal die eine Spielsitzung, die komplett in die Grütze geht. Entweder der Plot funktioniert nicht, weil die Spieler komplett anderst denken als man erwartet hätte. Vielleicht haben aber auch ein paar der Spieler grad andere Sachen im Kopf und eigentlich gar keine Lust zu spielen. Oder aber zwei kriegen sich derart in die Haare (meist GM und ein Spieler), dass es die ganze Atmosphäre vergiftet und man die Kurve nicht mehr kriegt. Da kann ich nur raten für den Abend den Stecker zu ziehen, denn es hat keinen Wert eine Sitzung auf Gedeih und Verderb zu Ende bringen zu wollen, wenn der Haussegen schief hängt oder die ersten anfangen mehr im Smartphone zu blättern als mitzuspielen. Für den Spielleiter ist das frustig, weil die Vorbereitung – die auch beim lazy GM drinsteckt – nicht die entsprechende Wertschätzung erhält und die Spieler fühlen sich in ihrem Frust übergangen oder langweilen sich. Man sollte aber auf jeden Fall auch gleich einen Termin fürs nächste Mal vereinbaren und bis dahin alle eventuellen Themen bilateral glätten. Auch sehr gute Spielleiter haben mal einen schlechten Tag. Aufgeben sollte da keine Option sein und oft kommt aus der vermeintlichen Sackgasse sogar noch was Gutes raus. Zu dem Thema habe ich bisher in den meisten Büchern bis auf das allgegenwärtige „Der richtige Umgang mit verschiedenen Spielertypen“ nur wenig gefunden. Rollenspiel ist Kommunikation und das darf auch mal schiefgehen.

Was ist eure Meinung dazu? Wir freuen uns auf eure Kommentare!

Mit D&D Sandburgen bauen! Auf nach Pandoria!


Vor kurzem trat ein alter Freund an mich heran und warb für sein Rollenspielbuch „Pandoria – Gaeas Ketten“ für Dungeons & Dragons 4th Edition. Nun sind Buch-Rezensionen nicht unbedingt meine Stärke, aber ich versprach Christian Rieß, mir das Buch mal anzuschauen. Das habe ich getan – und habe meine Erkenntnisse in einer umfangreichen Rezension niedergeschrieben. Eines vorneweg; Pandoria – Gaeas Ketten“ ist eine Mischung aus Quellenband, Zufallsgenerator und Abenteuer – und versteht sich als erster Teil einer epischen Kampagne. Dieser erste Teil hat es allerdings schon in sich und verspricht viele Wochen und Monate Spielspaß. Dabei ist das Buch sehr strukturiert und übersichtlich, glänzt mit allerhand Zufallstabellen und Szenarien, Bodenplänen und gut ausgearbeiteten Schauplätzen. Und: Es geht um Sandboxing. Was das bedeutet, könnt ihr in meiner Rezension lesen.

Pandoria

 

Reiter von Rohan – Mehr als „nur“ eine Erweiterung für Herr der Ringe Online


„Die Reiter von Rohan“ heißt die neueste große Erweiterung für das Multiplayer-Spiel „Herr der Ringe Online.“ Und da es sich ja (im weitesten Sinn) um ein Rollenspiel handelt (jedenfalls spiele ich es auf einem Rollenspiel-Server), wollte ich mal ein paar Worte darüber verlieren. Natürlich muss man vorneweg schicken, dass ich seit rund 1,5 Jahren HdRO (Herr der Ringe Online) spiele, und selbstverständlich voreingenommen bin. Außerdem habe ich keine anderen Multiplayer-Rollenspiele gespielt und bin auch erst seit genau 1,5 Jahren überhaupt mit dem Genre vertraut. Wer hier als einen Vergleich mit anderen aktuellen Titeln sucht (wie z.B. World of Warcraft, Guildwars II, Star Wars – The Old Republic oder The Secret World), den muss ich enttäuschen.

Ein paar allgemeine Worte zu HdRO

Herr der Ringe Online ist seit mittlerweile 5 Jahren mit wechselhaftem Erfolg auf dem Markt vertreten. Die Zahl der Mitspieler ist lange nicht so hoch wie bei vergleichbaren, aber populäreren Titeln (allen voran WoW) und von der Zielgruppe eher im Erwachsenenbereich angesiedelt. So bemüht sich beispielsweise die Graphik um hohen Realismus („stimmige“ Proportionen anstatt überzogener Manga-Stil) und die Hintergrundstory hält sich eng an Tolkiens Welt „Mittelerde“ aus dem Dritten Zeitalter. Man kämpf hier gegen endlose Horden Orks, Bilwisse, Trolle, Warge, Crebain, Spinnen, Huorn, Riesenwürmer oder auch einfach böse Menschen (die entweder Sauron oder Saruman ergeben sind). Neue Monsterschöpfungen sind dagegen selten und werden sorgsam auf ihre „Tolkien-Tauglichkeit“ überprüft. Das mag den einen oder anderen jüngeren Spieler vielleicht abschrecken.

Als Spieler hat man die Möglichkeit, einer epischen Quest-Reihe zu folgen und somit seine eigene, große Kampagne zu erleben. Die erste Eposreihe führte zum früheren Herrschaftssitz des Hexenkönigs von Angmar. Die zweite führte durch Moria, Lorien bis in den Düsterwald. Das dritte „Buch“ folgt der Reise der Grauen Schar nach Isengart (und wird aktuell in Rohan fortgesetzt). Man sieht aber schon, dass spätestens ab dem zweiten Buch der Fokus auf der Reise der Gefährten rund um Frodo, Gandalf, Aragon und Co. liegt – denen man scheinbar nur auf Rufweite folgt. Wie es bei solchen Spielen übrig ist, expandiert die Spielwelt immer mehr – bei HDRO ist natürlich die Stoßrichtung (Mordor!) vorgeschrieben.

In den ersten Jahren nach Erscheinen muss wohl die Einführung neuer Spielgebiete nur schleppend verlaufen sein. Wie mir mein Freund Bert, HdRO-Spieler der ersten Stunde, berichtete, verlor das Spiel irgendwann an Reiz, weil neue Inhalte zu lange hinausschoben. Das muss dann auch dazu geführt haben, dass der HdRO-Entwickler Turbine in Schieflage geriet. Inzwischen hatten sich nämlich zahlreiche andere MMOs auf dem Markt etabliert und kämpften hart um Spieler und Einnahmen. Das bewog Turbine zu einem mutigen und sehr riskanten Schritt. HdRO wurde von einem damals üblichen Abo-Spiel auf Free-to-Play umgestellt!

Das heißt: Jeder kann jetzt das Spiel kostenlos aus dem Internet runterladen und theoretisch kostenlos spielen. Da das Spiel aber werbefrei bleiben sollte, mussten natürlich irgendwie Einnahmen generiert werden. Das tat man, indem man fortgeschrittene Spielinhalte wie z.B. Gebiets-Erweiterungen, Schnelles Reisen, Zierwerk-Ausrüstung oder kleinere Buffs für so genannte Shop-Punkte kaufen konnte. Wirklich bedeutsame Items aber musste man sich schon ordentlich im Spiel erspielen; sonst wären ja alle „reichen“ Spieler bevorteilt. Diese Shop-Punkte wiederum kann man bequem über „reales“ Geld generieren, oder auch durch permanentes Spielen ansammeln. In der Theorie können also extreme Vielspieler HdRO tatsächlich mit allen Inhalten gratis spielen – aber diese Spieler dürften eher die Ausnahme sein (wir haben tatsächlich so einen Knilch in der Sippe).

Alternativ kann man aber auch nach dem kostenlosen Hereinschnuppern beim bewährten Abo-System bleiben und für 8,90 pro Monat die meisten Inhalte nutzen. Die Umstellung von Abo-Spiel auf Free-to-Play rettete HdRO nicht nur vor dem Ruin, sondern erwies sich als extrem erfolgreich. Quellen berichten, dass Turbine im ersten Jahr nach der Umstellung den dreifachen Umsatz verbuchte. Plötzlich hatte man ein Spiel an der Hand, das nicht nur prima lief, sondern offenbar auch Geld in die Kassen spülte und aus sich selbst heraus neue Spieler generierte. Jetzt mussten natürlich Schlag auf Schlag neue Inhalte folgen.

Nach Moria folgte der südliche Düsterwald, danach die Region Enedwaith, weiterhin Dunland (mit Isengard) und zuletzt die Anduin-Region. Die Zielsetzung scheint zu sein: Einmal pro Jahr ein kleines Nebengebiet und einmal pro Jahr eine große Erweiterung, zwischendurch aber immer wieder kleinere Spielinhalte wie z.B. die unter Rollenspielern beliebten Feste (ca. alle zwei Monate) sowie neue Instanzen und Scharmützel. Kam ein neues Spielgebiet dazu, konnte man auf der normalen Karte einfach weiterreisen und den lange im Voraus entwickelten Epos weiter folgen. Die zu bestehenden Aufgaben sind dabei oft recht überschaubar: Gegner töten, Items sammeln, Gegenden bereisen. Etwas ketzerisch kann man sagen, dass sich am Spielprinzip nicht viel änderte, lediglich die Umgebung, die Musik, die Story (wenn man sie denn wirklich aufmerksam verfolgte) und die Instanzen wechselten. Sonst aber blieb im Grunde alles beim Alten: Mit der eigenen Spielfigur durch die Lande streifen und seine Fertigkeiten verbessern, evtl. nebenbei ein bisschen Rollenspiel betreiben. Aber so sollte es nicht bleiben. Rohan kam!

Die Reiter von Rohan

Natürlich gehörten ich und meine Frau (die ebenfalls leidenschaftlich HdRO spielt) zu den Vorbestellern der neuen Rohan-Expansion, die unsere Geldbörse ganz ordentlich blutigen ließ. Rund 55 Euro kostete die Legendäre Edition der Rohan-Erweiterung. Die einfache Version war zwar sehr viel billiger, aber es war unklar, welche Spielinhalte dann später noch hinzugekauft oder extra freigeschaltet werden müssen. Am ersten Tag nach dem Download begaben wir uns also – wie tausende anderer Spieler im völlig überlasteten Server – auf die Reise. Der Epos beginnt diesmal in Lothlorien, wo wir von Galadriel und Celeborn auf die Geschicke der vor kurzem durchgereisten Gefährten um Frodo und Co. hingewiesen wurden. Schnell trommeln wir eine Gemeinschaft aus einem Elb, einem Rohan-Soldaten und einer Dunländerin zusammen und folgen dem Ringträger entlang des Anduin bis zu den Argonath, die imposant in der Ferne aufragten. Mehrfach dürfen wir in so genannten Sitzungsspielen in die Körper von Frodo, Boromir und Sam schlüpfen und das Zerbrechen der Gemeinschaft am Amon Hen verfolgen (es ist schon etwas beklemmend, wenn man Boromir spielt und genau weiß, dass man die Szene nicht überleben wird). Bislang haben wir noch nichts neues erlebt – nach wie vor klappern wir Questen ab, lauschen der sehr schönen neuen Musik und bewundern die Argonath. Wir bemerken aber auch einige sehr schöne neue Details im Gameplay, die uns nach kurzer Zeit in einen tranceartigen MMO-Rausch versetzen. Nicht länger müssen nun getötete Monster aufwändig angeklickt werden, um an ihre Beute zu kommen. Sämtliche Beute wandert automatisch in einen „Zwischenspeicher“, wo sie für exakt 1 Stunde abgerufen werden kann. Haben wir vorher unsere Inventarbeutel nach kurzer Zeit mit „Müll“ vollgeschlagen, so beginnen wir nun langsam umzudenken, lassen den Zwischenspeicher einfach bequem füllen, bis wir uns einmal pro Stunde eine Pause gönnen, um die Items ins Inventar zu befördern und weiterzuverarbeiten oder zu verkaufen. Und noch etwas ist extrem cool: Alle anwesenden Spieler können nun ohne Einschränkung auf herumlaufende Monster ballern und bekommen EP fürs Töten. Da man die Monsterüberreste nicht mehr anklicken muss, sondern sämtliche Beute im Zwischenspeicher landet, steht dem fröhlichen Massengemetzel nichts im Weg. Wir finden einen Weg in eine Höhle und sehen, dass dort andere Spieler zugange sind. Früher hätten wir geflucht: „Die nehmen uns die ganzen Monster weg, dann müssen wir auf den Respawn warten“. Diesmal hängen wir uns ohne große Absprache an die anderen Spieler dran und töten halt gemeinsam – geht schneller und macht irgendwie ein gutes Gefühl: „Aha, wir spielen also doch gemeinsam gegen das Böse und stehen uns nicht mehr gegenseitig im Weg“. Allerdings entfällt die Kommunikation: Haben wir vorher noch andere Spieler aufwändig angequatscht, um gemeinsame Kampfgruppen zu bilden, so stürzen wir uns nun ohne großes Gerede in die Schlacht. Warum auch Quatschen? Alle Spieler sind auf maximalem Level und haben teils Jahre mit dem Spiel verbracht. Jeder weiß, auf was es ankommt. Allerdings haben wir von einer Neuerung erfahren, die uns vor Neugier fast platzen lässt: Berittener Kampf! Klar: Wir sind schließlich im Land der Pferdeherren, da ist der Kampf vom Sattel ja eigentlich Pflicht.

Wir taumeln weiter in einem Rausch aus unglaublich geschmeidigem und nervfreiem Gameplay, hangeln uns entlang der Hauptqueste, die uns zu einem belagerten Rohirrim-Dorf führt, wo wir endlich unser Kriegsross ergattern. In einem Tutorial machen wir uns mit der verflixten Steuerung des Tieres vertraut. Und dann gehts los. Gänsehaut! Ins Horn gestoßen und aufgesessen. An der Seite meiner Frau galoppiere ich über die Ebenen Rohans. Monster tauchen auf, denen ich eines mit dem Hammer verpasse. Weiter zum nächsten, BANG! Und wieder: BANG. Töten kann ich keines der Monster, dafür mache ich als Barde einfach zu wenig Schaden. Ist aber dank des neuen Gameplay völlig egal. Am Horizont tauchen andere Spieler auf und stürzen sich in die Schlacht: Töten sie ein Monster, bei dem ich vorher Schaden anrichtete, kriege ich meinen Anteil EP und Beute! Wahnsinn! Ich ziehe die Zügeln, lasse das Kriegsross eine weite Kurve drehen. Zurück in den Kampf. Wieder von einem Monster zum nächsten. BANG! BANG! Andere Spieler auf ihren Pferden kreuzen den Weg. Meine Frau ist im Getümmel verschwunden. Scheißegal! Rein in die Monsterhorde! Mann, macht das Spaß!

So langsam dämmert mir, dass ich mit der Rohan-Erweiterung keine Erweiterung im eigentlichen Sinne gekauft habe. Nein, es ist ein komplett neues Spiel. Hier baut alles aufeinander auf: Als Turbine den Beschluss fasste, berittene Kämpfe einzubringen, setzte das eine Kettenreaktion an Innovationen in Gang, die wie Zahnräder ineinander greifen. Im berittenen Kampf ist es unmöglich, gefallene Gegner zum „Looten“ anzuklicken – man ist ja im rasenden Galopp schnell vorbeigeritten, die Leiche weit hinter sich. Ergo musste die alte Beuteregel entfallen und durch den „Zwischenspeicher“ ersetzt werden.

Dann allerdings bestand auch kein Grund mehr, warum Monster ihrem Angreifer bzw. einer Angreifergruppe zugeteilt werden müssen. Hinter der alten Regelung steckt ja der simple Gedanke, dass ein Spieler nicht einfach einem anderen Spieler hinterherrennt und dessen Beute wegschnappt – daher die „Zuweisung“. Ihr merkt wahrscheinlich schon, dass ich durch meine erste Spielerfahrung ziemlich berauscht bin.

Erst spät nachts falle ich erschöpft ins Bett und träume noch von donnernden Hufen und grasbewachsenen Ebenen.

FAZIT

HdRO geht wieder einmal einen mutigen Schritt nach vorne. Selbstbewusst führt man ein süchtigmachendes modernes Gameplay ein und verabschiedet sich (zumindest im neuen Spielgebiet) vom angestaubten System. Natürlich gibt es immer noch Questen und bekommt dafür EP und Gegenstände. Aber auch das wurde aufgepimpt: So finden wir Questen überall, indem wir bestimmte Questmonster besiegen (neue Quest), das Lager einer Räuberbande betreten (zwei neue Quests!) oder einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind (Quest).

Monsterleichen liegen (wegen des Zwischenspeichers) nicht mehr lange rum, verschwinden sofort und werden innerhalb von Sekunden ersetzt. Dafür können nun aber auch alle anwesenden Spieler ohne Rücksicht beherzt zuschlagen. Langeweile? War gestern! Wartezeiten? Gibts nicht mehr! Suchtfaktor? Immens gestiegen! Noch habe ich nicht alle Details des neuen Spiels ergründet. Die Steuerung des Kriegsrosses ist z.B. sehr komplex und erfordert tatsächlich Übung und vorausschauendes Lenken. Dafür kann man das Ross individuell steigern (neue Traits, Erfahrungsstufen), mit schimmerndem Zierwerk auskleiden und sogar mit legendären Gegenstände (Zaumzeug) aufpimpen.

Und weil Charaktere jetzt von 75 bis auf Stufe 85 steigen, gibts auch spezielle neue Pferdefertigkeiten (unterschiedlich pro Charakterklasse) Je mehr ich darüber schreibe, umso mehr merke ich, wie viel ich noch ergründen muss. Also: Ins Horn geblasen! Aufgesessen! Auf ins Abenteuer!

Hier noch ein stimmungsvoller Trailer auf Youtube

Kämpfe leicht gemacht – mit Mirkos bewährtem Kampfbrett!


 Als ich beim letzten Treffen der Kellerkinder eine Schnupperrunde meines eigenen Rollenspiels Albions anbot, kam auch das „mysteriöse“ Kampfbrett zum Einsatz. Es handelt sich um eine Eigenerfindung, die den Kampfablauf erleichtern und dennoch um eine strategische Komponente erweitern soll. Obwohl ich das Kampfbrett bei meinem schnell zusammengeschusterten Schnupperabenteuer nicht ausführlich beschrieb, war ich dennoch erstaunt, dass es von den Spielern relativ schnell und intuitiv angenommen wurde. Okay, mit Bert hatte ich einen Spieler am Tisch sitzen, der sich schon mit dem Brett auskannte und die Bewegungen der Figuren auf dem Brett übernahm, was vielleicht zur Vereinfachung beitrug.

Da das Kampfbrett einen gewissen Spielleiter-Stil unterstreicht, den außer mir sicher noch viele andere Spielleiter in den Weiten des Rollenspiel-Universums pflegen, will ich hier mal etwas genauer auf die Funktionsweise des Bretts eingehen, ohne allzu sehr nach Albion abzuschweifen. Denn das Brett lässt sich auch gut auf andere Rollenspiele anwenden.

 Hintergedanken

 Noch bevor ich auf die zündende Idee mit dem Kampfbrett kam, schwirrten zwei Gedanken in meinem Kopf herum.

 1) Erstens hatte ich gerade mit „Exalted“ die Vorzüge eines Tempo-orientierten Kampfablaufs kennengelernt. Der Unterschied zwischen einem Tempo-System und der Vielzahl rundenbasierender Rollenspiele ist einfach: Beim Tempo-System kostet jede Aktion (im Kampf) eine gewisse Zeitspanne, ausgedrückt in Klicks. Nachdem ein Charakter eine Handlung ausführte, muss er für eine gewisse Zeit (oder: Klicks) abwarten, bis er wieder an die Reihe kommt. Schnelle Angriffe wie z.B. mit einem Degen oder einer Pistole dauern logischerweise kürzer als eine Attacke mit einer Streitaxt oder einem schweren Blaster. Bei Exalted notiert sich entweder der Spielleiter, wann die Spieler wieder an die Reihe kommen (was ziemlich aufwändig ist), oder die Spieler notieren jeweils für sich, wann ihre Wartezeit abgelaufen ist. Der Spielleiter checkt jede Runde, ob noch ein Kampfteilnehmer agieren kann. Ist das nicht der Fall, sagt er „Klick“ und die Wartezeit aller Kampfteilnehmer wird um 1 herabgesetzt – solange bis der nächste keine Wartezeit mehr hat.

Nützlich ist in diesem Zusammenhang ein Würfel (z.B. W10), den man einfach auf die Zahl hochdreht, die die Aktion Tempo verbrauchte. (Beispiel: Schwerthieb verbraucht 5 Tempo, Würfel wird auf 5 gedreht). Immer, wenn der Spielleiter nun 1 Klick ankündigt, drehen alle Spieler ihren Würfel um 1 nach unten. Kommt man bei 1 an, ist man wieder an der Reihe. Und so weiter.

Dieses System fand ich einfach klasse, weil man endlich mal die Unterschiede zwischen schnellen Angriffen mit geringer Schadenswirkung und langsamen Attacken mit hoher Schadenswirkung herausstellen konnte. Bei den meisten rundenbasierenden Systemen heißt es im Grund: Je mächtiger die Waffe, umso besser. Schließlich kommen die Spieler (in aller Regel) beim rundenbasierenden Spiel immer exakt einmal an die Reihe – nämlich einmal pro (Kampf-) Runde. Für rundenbasierende Kämpfe spricht aber, dass sie einfacher zu handeln sind.

Hier startete mein Ansatz. Ich wollte zeigen, dass tempobasierende Kämpfe genauso einfach und simpel umgesetzt werden können wie rundenbasiernde. Mir schwebte eine Art Tempoleiste vor, die eine Reihe von 10 Feldern aufwies und in der Mitte des Spieltischs ausliegt, gut greifbar für alle Spieler. Alle Kampfteilnehmer würden dann auf der Tempoleiste durch Marker/Figuren/Würfel oder sonstwas symbolisiert.

Das unterste Feld sollte „Aktion“ heißen. Sobald die Spielfigur eines Charakters oder NSC auf dieses Feld kam, konnte sie agieren. Anschließend würde man sie um so viele Felder nach oben schieben, wie die Aktion Tempo verbraucht. Das oberste Feld würde „Verzögerung“ heißen. Hier drauf würden alle Figuren gestellt, die entweder K.O. geschlagen werden oder deren Tempokosten mehr als 10 betragen (irgendwo musste die Tempoleiste ja auch mal enden…). Charaktere, deren Figur auf das Verzögerung-Feld gerieten, sollten aber nicht einfach so ohne weiteres davon loskommen. Für mein Albion-System regelte ich das so, dass man pro Tempoklick mit dem W6 würfeln würde. Bei einer 5 oder 6 konnte man seine Figur aus dem Verzögerung-Feld heraus auf das Tempofeld 10 stellen – und dann würde man automatisch wieder jeden Klick nach unten geschoben.

Diese Idee war schon mal recht praktikabel und sehr übersichtlich. Und schnell: Sieht man nämlich, dass die untersten Tempofelder, sagen wir einmal 3, nicht mit Spielfiguren besetzt sind, so kann man einfach alle Figuren gleich um 3 Felder nach unten schieben – bis die erste Figur das Aktionsfeld erreicht. Der Spielleiter müsste dann nicht stupide jeden Tempoklick einzeln ansagen.

 2) Eine zweite Idee schwebte mir die ganze Zeit durch den Hinterkopf: Ich wollte eine einfache, praktikable Lösung für die ungefähre Position aller Kampfteilnehmer finden.

Bei der Beschreibung von Kampfschauplätzen gibt es im Grunde zwei Extreme.

Imaginatives Kampfprinzip: Der Spielleiter beschreibt die Umgebung so gut es geht, evtl. unterstützt durch schnelle Skizzen. Vorteil: Man braucht keine Figuren und der Kampf kann ohne aufwändige Vorbereitung starten. Nachteil: Spieler müssen ggf. immer wieder nachfragen, wer wo steht, welcher Gegner mit wem kämpft und wie sehr angeschlagen aussieht etc. 

Detailgetreues Kampfprinzip: Man benutzt Spielfiguren und stellt die Umgebung des Kampfes aufwändig dar, z.B. mit einer Battle-Map oder Tabletop-Terrain oder mit großflächigen Hex- oder Quadrat-Karten. Der Vorteil: Jeder Spieler weiß genau, wie die Umgebung aussieht (man hat ja Augen) und kann vielleicht auch strategisch planen. Nachteil: In vielen Gruppen gilt das System für zu aufwändig und zeitraubend (was es ja auch meistens ist).

Ich wollte einen Mittelweg beschreiten. Mir schwebte folgender Grundgedanke vor: Den meisten Spielern würde es völlig ausreichen, wenn sie „ungefähr“ wüssten, wo sie sich befinden. Um Grunde kommt es während eines Kampfes nur darauf an, welche Kampfteilnehmer a) in meiner Nähe stehen, so dass ich sie mit einer Nahkampfwaffe attackieren kann, und b) weiter weg stehen, so dass ich entweder hinlaufen muss oder sie im Fernkampf attackiere.

Ich experimentierte mit der Idee grober „Kampfzonen„. Die allererste Idee war eine schematische Zeichnung von 5 Kampfzonen: Weit hinten, hinten, Mitte, vorne, weit vorne. Bogenschützen würden dann eben hinten stehen, Nahkämpfer in der Mitte. Man sollte sich natürlich zwischen den Kampfzonen hin- und her bewegen können, wobei man beispielsweise auch Hindernisse wie Burgmauern, Gräben, steinigen Untergrund etc. zu bezwingen hätte (was je nach Spielsystem einen Fertigkeits- oder Attributwurf erfordern würde).

Die Kampfzonen bedeuten im Grund: Figuren, die in derselben Kampfzone stehen, befinden sich nur wenige Schritte voneinander entfernt (Nahkampfreichweite). Figuren, die in verschiedenen Kampfzonen stehen, sind weiter voneinander entfernt (Fernkampfreichweite).

 

Aus 2 mach 1

 Irgendwann geschah es, dass ich die beiden Ansätze (Tempoleiste und 5 Kampfzonen) miteinander verband. Und voilá: Das Kampfbrett war geboren!

Das Kampfbrett besteht aus 5 Kampfzonen, angeordnet in einer Reihe von links nach rechts. Das sollte reichen, um die Stellungen von Schützen, Nahkämpfern etc. ausreichend zu simulieren. Natürlich würde der Spielleiter nachher am Spieltisch genau beschreiben, wie eine Kampfzone beschaffen ist. Zum Beispiel: Kampfzone 1: Bereich vor der Schenke. Kampfzone 2: Vorderer Bereich des Schankraums. Kampfzone 3: Hinterer Bereich des Schankraums (mit Kamin), Kampfzone 4: Korridor zu den Zimmern. Kampfzone 5: Treppe in den Keller.

 In dem Bereich „zwischen“ den Kampfzonen würde ich ggf. Hindernisse einbauen. Beispiel: Zwischen Kampfzone 1 (vor der Schenke) und Kampfzone 2 (vorderer Schankraum) würde eine Tür existieren, die man eventuell auch verschließen könnte.

Die Abmessungen der Kampfzonen würde ich absichtlich vage halten. Man könnte eine Kampfzone innerhalb von Gebäuden mit 5 x 5 Metern beschreiben und außerhalb von Gebäuden mit 10 x 10 Metern – wenn man unbedingt will. Bei meinen bisherigen Kämpfen mit dem Kampfbrett war das aber nie nötig – schließlich verfügen die Spieler über Imagination. Sie können sich ihre Umgebung (die man als Spielleiter mit wenigen Worten beschreibt) ganz gut selbst vorstellen.

Nun kommt der eigentliche Clou: Ich fügte der rein räumlichen Anordnung der Kampfzonen eine zeitliche Unterteilung zu. Indem ich jede Kampfzone mit einer vertikalen Tempoleiste ausdrückte. Dann verband ich noch das Aktionsfeld jeder Tempoleiste/Kampfzone über einen Pfeil mit dem Feld 5 der benachbarten Kampfzone. Fertig!

Wenn nun eine Figur (SC oder NSC) auf das Aktionsfeld gerät, kann sie entweder eine typische Aktion  (z.B. Waffeneinsatz) ausführen. Ihre Figur wird dann innerhalb derselben Kampfzone auf das entsprechende Tempofeld hochgeschoben.

 ODER: Die Figur bewegt sich über den Pfeil in eine angrenzende Kampfzone. Diese Bewegung verbraucht natürlich Tempo (5, um genau zu sein, bei schwierigem Gelände auch mehr, schnelle Einheiten weniger). Die Figur wird dann einfach auf die benachbarte Kampfzone (Feld 5) gestellt und muss 5 Tempoklicks abwarten, bis sie wieder an der Reihe ist.

Erste Erfahrungen

 Die Erfahrungen bislang waren sehr gut. Im Albion-System richtete ich natürlich sämtliche Waffen- oder Kampfmanöver-Daten auf das Kampfbrett aus. Eine Schusswaffe schießt in Albion nicht über 34,5 Meter, sondern hat eine Distanzangabe von 1 bis 4. 1 bedeutet: Angriff in der eigenen Kampfzone (meistens: Nahkampfattacken), 2 bedeutet: Angriff in die benachbarte Kampfzone. 3: Angriff in die übernächste Kampfzone etc. Kleine Schusswaffen wie Kurzbögen waren sogar geeignet, innerhalb der eigenen Kampfzone zu schießen (Distanz 1-2), während größere Schusswaffe (z.B. Langbogen) als typische Fernkampfwaffen nur auf Entfernung einsetzbar sind (Distanz 2-4, aber nicht 1!).

Das funktioniert bis heute sehr gut. Denn mal ehrlich: Wer muss schon genau wissen, ob ein Bogen nun 117 Meter schießt oder 87 ?

Ein kleines Problem ergab sich, wenn mehrere Figuren (SC und NSC) gleichzeitig auf dem Aktionsfeld ankamen. Zunächst probierte ich es mit der Devise „Jeder agiert gleichzeitig„. Das funktionierte auch ganz gut, aber sobald sich eine Figur wegbewegen würde/wollte, stieß ich auf logische Grenzen. Ich regele das inzwischen so, dass ich sage: Erst agieren alle Spieler, denn alle NSC. Bei fiesen Oberschurken könnte man natürlich auch sagen: Erst agiert der Bösewicht, dann die SC, dann die NSC. (Es soll ja schön einfach und übersichtlich bleiben.)

 Alternativen

 Als das Kampfbrett fertig war, wurde ich von einer kreativen Welle überflutet. Denn das Kampfbrett ist nicht nur für reine Kampfhandlungen anwendbar. Man kann beispielsweise alle fünf Tempoleisten wie eine einzige lange Leiste deuten und problemlos Verfolgungsjagden ausführen (die werden dann klassisch in Runden ausgetragen, die Felder der Tempoleiste geben dann nur die räumliche Entfernung an)!

Oder man kann alternativ die räumliche Dimension fallen lassen und nur die zeitliche betrachten. Das Kampfbrett könnte z.B. wie ein Schwimm-Wettkampf behandelt werden: Alle Figuren beginnen unten auf Feld ein und würfeln ihre Erfolge im Schwimmen aus. Die Figur, die zuerst „oben“ ankommt, hat gewonnen (natürlich lässt sich das auch für alle anderen Arten von Wettbewerb anwenden, aber beim Schwimm-Wettkampf passt das Bild am besten).

 Einschränkungen

 Es gibt allerdings auch einige Sachen, die man mit dem Kampfbrett nicht oder nur eingeschränkt umsetzen kann. Es ist zum Beispiel nicht möglich, die exakte Position von Personen anzugeben. Man weiß daher nicht, welcher Kampfteilnehmer sich mit welchem anderen Kampfteilnehmer gerade im Nahkampf herumschlägt. Die Regel „Schüsse in den Nahkampf“ könnte zwar durch aufwändige Notizen simuliert werden – aber das widerspricht dem simplen Grundprinzip des Kampfbretts. Mit anderen Worten: D&D ist nur schlecht umsetzbar.

Außerdem sind gigantische Massenschlachten mit ausufernden Geländebeschreibungen (vorne, hinten, links, rechts, oben, unten) nicht möglich. Die 5 Kampfzonen reichen gerade so für die gängigsten Kampfsituationen aus.

 Umsetzbarkeit

 Womit wir zur Umsetzbarkeit gekommen wären. An sich eignet sich das Kampfbrett für alle Spielsysteme, die nicht von vornherein auf eine realistische Umgebung (also: Battle-Map, Quadratfelder, Hexfelder) setzen, sondern Kämpfe auf imaginative Weise umsetzen. Hier kann das Kampfbrett eine sehr nützliche Sache sein, die kaum zusätzliche Zeit verbraucht. Der Spielleiter müsste allerdings die Waffentabelle überarbeiten.

Jede Waffe benötigt zwei Merkmale:

1) Reichweite, angegeben in Distanz (z.B. 1-2)

2) Tempokosten (Richtline: Tempo 2: schneller Faustschlag oder Pistolenschuss, Tempo 3: Dolchangriff, Tempo 5: Schwerthieb oder Gewehrschuss, Tempo 7: Mächtiger Hieb mit der Streitaxt oder Abfeuern eines schweren Karabiners, Tempo 10: aufwändiges magisches Ritual oder Abfeuern schwerer Artillerie).

Alles andere bleibt beim Alten: An den eigentlichen Regel des Spielsystems rüttelt das Kampfbrett nicht.

Kleiner Nachtrag:

Kampfbrett selbst basteln:

1) Graphikdatei (JPG) bei MBader@gmx.de anfordern.

2) Im Copyshop farbig ausdrucken (mindestens A3, damit möglichst viele Figuren draufpassen).

3) Das Ganze auf festen Karton kleben (große, stabile Bögen erhält man in jedem Bastelladen, oder einfach: alte Kartons zerschnippeln.)

4) Mit transparenter Schutzfolie (Schulheft-Folie) überziehen.

5) Unbedingt von den Erfahrungen mit dem Kampfbretts berichten 🙂

Fertig!

SPIEL 2010 – Subjektive Erfahrungen


Seit ungefähr sieben oder acht Jahren gehe ich regelmäßig mit meiner Frau Sigrid zur Spielemesse in Essen. Liegt ja nahe, ist doch Essen gerade mal 110 Minuten Fahrzeit entfernt (wenn man nicht wieder mal bei Köln im Stau steht). Meine Eindrücke waren stets: Enge, Hitze, schmerzende Beine, aber dafür auch tolle Einblicke in unzählige neue Brettspiele, Comics und Rollenspiele. Denn gerade der Fantasy- bzw. Rollenspielbereich hat sich in den 90er Jahren (als ich lange Zeit mit Essen pausierte) extrem ausgebreitet. Die Halle 6 ist zugleich die größte Halle während der Spielemesse und war bislang immer voll mit Rollenspielen aller Art. In diesem Jahr begleitete mich Michael Wolf (Stargazer) und dessen Freundin Verena zur Spielemesse.

Ein Beitrag aus der Reihe Kellergeflüster

Wir brachen wie in den Vorjahren am Samstag auf, dem wohl überlaufensten Tag des 4-tägigen Messechaos‘. Da es Michael nicht abwarten konnte, die Rollenspielhalle zu betreten, trennten sich unsere Wege kurz nach dem Eingang. Übrigens hatten wir in diesem Jahr erstmals nicht lange an den Kassen stehen müssen (es war nämlich auch bitterkalt). Diejenigen, die eine Tageskarte hatten, wurden durch eine Lücke im Zaun gewinkt, so dass die Kasse Mitte komplett leer war. Wir waren auch diesmal etwas später als sonst angekommen, so um 11.30 Uhr. Trotzdem hatten wir erstaunlicherweise noch einen Parkplatz im nahegelegenen Gruga-Parkhaus bekommen. Im vergangenen Jahren waren wir dort gleich durchgewinkt und auf einen weit entfernten Parkplatz gelotst worden; von da aus ging’s damals per Shuttlebus zu den Messehallen.

In den Hallen herrschte dann die bekannten drückende Enge. Naja, nicht ganz so stark wie in den zurückliegenden Jahren. Da haben wir uns sehr viel öfter durchquetschen und -boxen müssen. Ich wage mal die Behauptung, dass die Besucherbeteiligung 2010 viel schwächer war als vorher. Das hat für uns, die wir keinen Urlaubstag für die SPIEL opfern wollten, natürlich einen klaren Vorteil: Der Besuch wird selbst am überlaufenen Samstag erträglich. Und natürlich waren wir bestens vorbereitet: Stabile Stofftaschen im Gepäck, dazu Getränke und jede Menge Sandwiches. Reicht eigentlich.

 Unsere Route durch die Hallen ist durch die „Tradition“ vorgeschrieben und wird in aller Regel nur in Details verändert. Zunächst Brettspiel, dann Rollenspiel, dann Comics, dann wieder Brettspiel. Zwischendurch einen Abstecher zum Luftschnappen in die Galeria mit den großen Aktions-/Kinder-Spielen. Das dauert in aller Regel ca. 2 Stunden. Unterwegs werden zahlreiche Notizen gemacht und Preise verglichen, so dass man in den weiteren 2 Stunden Aufenthalt noch mal gezielt zu einzelnen Ständen gehen kann (dann wird die Route chaotisch). Nach 4 Stunden ist in der Regel das mitgebrachte Geld alle, und bevor man in Versuchung gerät, den Geldautomat aufzusuchen, fahren wir lieber schnell nach Hause.

 Wie üblich trafen wir auch gute Bekannte aus der Heimat. Man unterhält sich, verabredet sich, und trifft sich dann erst wieder ein Jahr später … auf der Spielemesse. So ist das eben.

 Fester Anlaufpunkt ist für mich natürlich auch immer der Pegasus-Stand. Der präsentierte sich belagert wie eh und je – und bis ich mich nach vorne durchgearbeitet hatte, vergingen einige Minuten. Eigentlich wollte ich mein Belegexemplar für die neue Cthuloide Welten #19 abholen. Dafür hatte ich das Abenteuer „Der tiefe Fall des Dr. Erben“ verfasst und war besonders stolz darauf, dass das Abenteuer mit einer Illu die Titelseite der CW#19 schmückt. Leider gab es aber dummerweise gerade für die CW keine Belegliste auf der Messe, so dass ich diesmal auf die Postzustellung warten muss. Mein Schmerz hielt sich angesichts der neuen Bandes „Die Berge des Wahnsinns“ der neuen dreiteiligen Mega-Kampagne in Grenzen. Das versprochene Expedition-Pack war leider nicht mehr auf der Messe zu bekommen. Man hat mir jedoch versichert, dass man es noch bei Pegasus nachbestellen kann.

Mit Frank Heller, Chefredakteur der Cthulhu-Linie, wechselte ich noch ein paar Worte, aber man konnte ihm die Strapazen der bisherigen Tage ansehen. Ich frage mich immer, wie Frank es schafft, bei der immensen Lautstärke im Saal noch mehrere Spielrunden pro Tag anzubieten. Ich würde das nicht aushalten.

Am Brettspiel-Stand von Pegasus traf ich kurz auf Chrissi Frerichs. Während er mit mir redete, verkaufte er gleichzeitig an andere Kunden drei oder vier Spielboxen – hier war wirklich die Hölle los! Ich hatte ihn auf der Cthulhu Convention kennengelernt und ein beim abendlichen Whisky-Tasting über die Möglichkeiten geplaudert, in der Villa Konthor (Limburg) ein Whisky-Cthulhu-Special durchzuführen. Die Location bietet sich förmlich dafür an: Deutsche Whisky-Bar 2009, uriger Gewölbekeller, Mitte Deutschland. Ich hoffe, daraus wird im nächsten Jahr was.

 Ein wenig musste ich Pegasus abtrünnig werden. Vor kurzem hatte ich über Michael Wolf Kontakt zum Uhrwerk-Verlag, vor allem zu Christian Kennig aufgenommen. Auf der Spielemesse wollte ich natürlich unbedingt das neue Dungeonslayer 4 abstauben. Christian erkannte mich anhand meines Facebook-Fotos (kaum zu glauben) und schrieb mir sogar noch eine nette Widmung in mein DS4-Buch. Für einen Spieleautor, die bisweilen zu einer gewissen Überheblichkeit neigen (ich will mich dabei gar nicht ausschließen), zeigte er sich unglaublich nett, unaufdringlich und zuvorkommend. Auch wenn ich nur ein paar Minuten mit ihm sprechen konnte, so hat das doch einen tiefen Eindruck hinterlassen. Leider kam ich nicht an Patric Goetz (Verlagsleiter Uhrwerk-Verlag) ran. Dabei wollte ich ihm doch dafür danken, dass er beim Facebook-Spiel Frontier Ville immer so treu mein Homestead besucht (Howdy Pardner!).

Ansonsten muss ich leider gestehen, dass mich die Halle 6 eher enttäuschte. Vor einigen Jahren noch gab es 2, vielleicht 3 Stände mit LARP-Artikeln, heute bestand gut die Hälfte der Halle (gefühlt!) aus LARP-Ständen. Die sind ja ganz nett anzusehen und gehören sicher auch dazu. Aber für mich als P&P-Veteranen wurden sie dann doch zu aufdringlich. Reine P&P-Stände waren dann auch Mangelware, genauso, wie sich das Tabletop-Angebot stark zurückgezogen hatte. Ich weiß nicht, woran das liegt: Ob die Wirtschaftskrise die Rollenspiel-Verlage erreicht hat? Oder ob gewisse Verlage aus anderen Gründen wegbleiben? Fachmann Michael mit seinen internationalen Kontakten könnte hier sicher noch tiefgreifendere Thesen aufstellen. Es fiel mir auf, dass auch gerade internationale Verlage die Spielemesse zusehends meiden. Wenn man dann aber an einen Pegasus-Stand kommt, der wie eh und je von den Massen belagert wird, dann kann ich nicht so recht an einen breiten Niedergang der Branche glauben. Naja, das Rollenspielangebot ist auf der SPIEL ja auch eher Nebenzweck.

 Die große bunte Welt der (Brett-) Spiele steht einfach im Vordergrund. Nachdem ich im August von Freunden das Dominion-Basisspiel geschenkt bekommen hatte, kam ich mit dem festen Ziel zur Messe, ein Ausbau-Set für Dominion zu erwerben. Für 22 Mücken erstand ich dann auch Dominion Seaside. Das war jedenfalls meinen Notizen zufolge der günstigste Preis, wobei ich aber den Verdacht habe, dass illegale Preisabsprachen echte Schnäppchen verhindern. Früher fand man immer noch den einen Stand, der das gesuchte Spiel um 1 – 2 Euro billiger verkaufte als der Rest. Diesmal suchte ich vergebens.

 Sigrid fand Gefallen an einem kleinen Kartenspiel namens Labor-Chaos (fragt mich nicht…). Und außerdem erstand sie 3 Jonglierbälle, die dann auch zuhause gleich mit den Zimmerpflanzen auf Tuchfühlung gingen. Schon vor einigen Jahren nahmen wir uns fantastisch geformte Holzstäbchen (für chinesisch essen) mit; in diesem Jahr wurde die Sammlung erweitert. Auch eine Holzkatze und zwei bunte Halstücher kamen als Goody dazu (was das mit Spiel zu tun haben soll… keine Ahnung).

 An einem kleinen, etwas abseits gelegenen Stand, nahmen wir Kontakt mit einer uns bis dato unbekannten Gruppe von Krimi-Dinner-Designern auf (wie hießen die noch? Namen sind wie Schall und Rauch…). Die kamen recht sympathisch rüber, schon weil man für die Krimi-Dinners mit einer wechselnden Zahl an Spieler (z.B. 6 – 10) auskommt, während die etwas professionelleren Leute von Krimi total leider immer exakt feststehende Gruppenzahlen voraussetzen. Das macht die Planung eines Krimi-Abends schwierig.

Sigrid erwarb dann auch wieder ein schönes Puzzle mit einem Werk von Picasso für 10 Euro. An dem Puzzle-Stand sind wir seit Jahren Stammgäste (er hat sich auch seitdem kein bisschen verändert, sieht man von den Puzzle-Angeboten ab).

Dieses Mal hatte ich mich leider nicht über das Spiel des Jahres informiert. Das sollte sich rächen, denn im Gegensatz zu früheren Jahren wurde das Spiel des Jahres nicht mit einem eigenen, großen Stand promotet (oder ich war einfach blind und taub). Ich muss gestehen, dass ich bis jetzt nicht genau weiß, was eigentlich Spiel des Jahres wurde… Mir ist jedenfalls nichts aufgefallen.

Ein Abstecher zu 2F-Spiele ist eigentlich auch jedes Jahr Pflicht. Nachdem wir einige Jahre eigentlich immer ein Spiel von Friedemann Friese mitgenommen hatten, wurde der Reiz in den vergangenen Jahren immer geringer (man muss aber auch sagen, dass wir privat immer weniger Brettspiele spielen, vielleicht noch 4 bis 5 Mal pro Jahr; wenn man sich im Freundeskreis trifft, kommen Rollenspiele auf den Tisch). Auch diesmal streiften wir den Eck-Stand von 2F nur kurz; er war wie immer stark belagert, aber die ausgestellten neuen Spiele rissen mich zumindest optisch nicht vom Hocker.

In der Comic-Halle ging ich kurz vor Schluss nochmal auf Schnäppchenjagd. Fündig bin ich geworden, doch leider zeigte ein Blick ins Portemonnaie, dass das Schnäppchen warten muss. Bis zur nächsten Comic Action 2011.

Fazit: Meinem Gefühl nach zu urteilen, gehört die SPIEL 2010 zu den schwächeren Jahrgängen. Ich bin mir nicht ganz sicher, woran das liegt, aber mir scheint, dass auch gerade im internationalen Bereich die Wirtschaftskrise nachhaltig eingeschlagen hat. Der Abwärtstrend im Rollenspielsegment ist bedauerlich; hoffentlich handelt es sich nur um eine vorübergehende Erscheinung. Ansonsten scheinen die Stände (auch gerade in Halle 6) immer größer zu werden; man kann sich besser bewegen (Plus-Punkt), aber dafür fehlt’s an Vielfalt (Minus). Dafür gibt’s jetzt deutlich mehr Fressbuden (vor einigen Jahren noch gab’s nur einen einzigen Imbiss-Stand auf der ganzen Messe). Ob die Fressbuden als Füller herhalten mussten? Jedenfalls wurde mir der scharfe Geruch nach Fritierfett und angebranntem Waffelteig in einigen Hallen zu penetrant. Schmeißt die raus und bringt mehr Spielestände rein!

Rückblick und Ausblick


Zum Kellerkinder-Stammtisch am 19. Oktober konnten wir wieder mal eine größere Gruppe begrüßen. Der „harte Kern“ der Kellerkinder sowie ein neues Kellerkind hatte sich mit insgesamt 9 Personen im Gewölbekeller der Villa Konthor eingefunden, um diesmal dem exzessiven Dungeonrunning zu frönen. Michael Wolf und meine Wenigkeit hatten ja schon im Vorfeld bekanntgegeben, dass wir Proberunden „Dungeonslayers“ anbieten würden. Die sieben Spieler wurden dann auf zwei lockere Gruppen aufgeteilt. Und ab ging’s ins Dungeon! Was soll ich sagen: Es waren 3 sehr lustige, extrem kurzweilige und entspannende Stunden. Das „leichte“ Regelwerk von Dungeonslayers ist sehr gut für solche Zusammenkünfte geeignet. Und zwei Gruppen in einem Raum störten sich kaum gegenseitig. Man prahlte sogar, wieviel Monster man inzwischen getötet hatte (wobei meine Spieler ein Schwarmwesen mit 200 Individuen natürlich schamlos als 200 Einzelmonster verkaufen wollten). Nach gut der Hälfte der Spielzeit (immer noch im selben Dungeon) stiegen meine Spieler schon auf Stufe 2 auf, gegen Ende sogar noch auf Stufe 3 (und das Dungeon ist immer noch nicht fertig). Am Nachbartisch lief es ähnlich. Michael hat auf seinem Blog Stargazer’s World einen schönen Nachbericht (auf Englisch) verfasst. Die Regeln von Dungeonslayers wurden relativ schnell verinnerlicht. Für mich war es das erste Mal, dass ich dieses System leitete, aber größere Probleme hatte ich nicht. Obwohl doch einige Fragen offen blieben, die ich nach bestem Wissen und vor allem anhand von D&D3.0-Regeln zu lösen versuchte. Soweit ich das sehe, gibt es z.B. keine Regeln für Gelegenheitsschlag oder Schießen im Nahkampf. Das heißt: Theoretisch kann sich ein Bogenschütze jede Runde aus einem Nahkampf lösen (oder auch einfach stehen bleiben) und mit seinem Bogen umgehen wie mit einer Nahkampfwaffe. Da aber Bögen keine Nachteile in der Schadenswirkung haben und gleichzeitig den Vorteil der Reichweite besitzen, wären sie so mächtig, dass niemand mehr Nahkampfwaffen benutzen würde. Ich habe dieses Problem nicht wirklich in den Griff bekommen und leider musste meine elfische Späherin auch ein wenig darunter leiden. Beim nächsten Mal werde ich wohl fürs Balancing Hausregeln ausarbeiten müssen.

Nächster Stammtisch: Der nächste Stammtisch ist am 24. November. Dieses Mal ein Mittwoch. Die Kellerkinder waren überein gekommen, es mal an einem anderen Wochentag auszuprobieren, um evtl. doch noch den einen oder anderen Mitspieler zu bewegen. Ansonsten bleibt alles beim Alten: 19 Uhr, Gewölbekeller Villa Konthor. Nach bisherigem Stand werden die Dungeonslayer-Abenteuer fortgesetzt. Hinweis: Das sind keine festen Gruppen und interessierte Mitspieler können hier jederzeit ohne Vorkenntnisse einsteigen!

Die Idee, sich alle 2 Wochen zu treffen, wurde erst einmal verworfen. Einige hätten dann nicht immer fest zusagen können, so dass sich die Gruppe nur noch mehr aufgeteilt hätte. Ich denke aber, wir sollten die Idee der zusätzlichen Treffen aufrecht erhalten. Vielleicht kann man 3 bis 4 Mal pro Jahr ein „Special“ einplanen, wie wir es z.B. an Pfingsten beim gemeinsamen Grillen schonmal vorgemacht hatten.

Explodierende Würfel: Warrior, Rogue & Mage


 Beim zurückliegenden Stammtisch der Kellerkinder Limburg (14.9.2010) hatten wir Gelegenheit, das neueste Werk aus Michaels Feder ausprobieren zu können: Warrior, Rogue & Mage ist ein auf englisch verfasstes Rules Light System mit einigen bemerkenswerten Neuerungen und Innovationen.

Eine Rezension aus der Reihe „Kellergeflüster“ von Mirko Bader

Wer Michael Wolf nicht kennen sollte: Er ist einer der Initiatoren des Stammtischs, Rollenspiel-Sammler, langjähriger englischsprachiger Blogger (www.stargazersworld.com) und einer der Kernpfeiler unserer kleinen Community. Mit WR&M legte er ein hübsches, kleines Rollenspielsystem vor, dass er selbst entwickelte, grafisch aufbereitete und auf DriveThruRPG kostenlos zum Download anbietet. Wie man sich anhand des Titels vorstellen kann, beruht Warrior, Rogue & Mage auf den drei Säulen Krieger, Schurke und Magier. Wobei hier nicht Klassen gemeint sind, sondern Attribute. Die Idee ist einfach, aber bestechend: Die Charaktere werden nicht in enge Klassen gezwungen, sondern dürfen sich ihre Vorlieben selbst aussuchen, indem sie 10 Punkte auf die drei Attribute Warrior, Rogue oder Mage verteilen, wobei jedes Attribut maximal 6 betragen darf. Dabei steht Warrior für alles, was einen Krieger eben ausmacht: Stärke, Nahkampf, Schaden einstecken etc. Das Rogue-Attribut ist mehr oder weniger ein Synonym für Geschicklichkeit, Gewandheit, List und Tücke. Und Mage steht für Intelligenz, Zauberkraft und Wissen. Warum man die Attribute nicht einfach Stärke, Geschick und Intelligenz nennt, liegt sicher daran, dass es noch viele weitere Aspekte gibt, die man nach Michaels System problemlos in die drei Attribute pressen kann. Hier vor allem soziale Aspekte. Die scheinen auf den ersten Blick völlig zu fehlen, lassen sich aber in Wirklichkeit relativ gut in W, R und M einsortieren. So könnte man Feilschen mit Rogue erklären, Überzeugen mit Mage und Einschüchtern mit Warrior. Passt und reicht völlig aus. Vorgefertigte, feste Klassen fehlen hingegen. Die sind dann auch gar nicht mehr nötig, wobei ich leider nicht tief genug in das Regelwerk eingestiegen bin, um zu ermitteln, inwiefern Waffenbenutzungen oder Zaubertalente limitiert sind. Vieles wird jedoch auch einfach dem Spielleiter überlassen (ein weiteres, deutliches Merkmal von leichten Regelwerken). Zusätzlich zu den Attributen gibt es eine Reihe von Skills, von denen man sich drei zu Spielbeginn als „trainiert“ ankreuzen darf. Die Liste der Talente lässt sich leicht erweitern und den Charakteren anpassen. Das ist auch wichtig, denn an dieser Stelle hätte ich mir dann doch zumindest ein soziales Talent wie z.B. Manipulation gewünscht, denn die Talente auf dem Charakterbogen sind möglicherweise doch ein wenig zu kampflastig bzw. körperbetont. Außerdem darf man sich ein Talent aussuchen, das die eigene Ausrichtung unterstreicht wie z.B. besser Schaden verkraften, mehr Schaden austeilen, Zaubern in Rüstung etc.

Ansonsten: Hut ab! Das Grundkonzept W, R & M ist für ein Rules Light System vermutlich die eleganteste und einfachste Lösung – und für alle Spieler sehr intuitiv erfassbar.

Zum Würfelsystem

Das Grundsystem ist einfach: Man würfelt mit einem W6, addiert den Level in W, R oder M (was halt passt) und addiert evtl. einen +2 Skillbonus (wenn man den passenden Skill angekreuzt hat). Damit muss man einen Difficulty Level (DL) überbieten. Das Lustige: Würfelt man eine 6 UND hat das entsprechende Talent, „explodiert“ der Würfel: Man darf so lange weiterwürfeln und die Werte addieren, wie man 6en würfelt. Bei Schadenswürfen explodiert der W6 immer. Hier muss ich ein wenig die Analyse vertiefen, denn dieses System macht zwar a) Spaß, hat aber b) seine Tücken.

Der Spaß-Faktor ist schnell erklärt: Eine 6 auf dem W6 fällt statistisch relativ häufig – somit explodiert der Würfel auch relativ oft (vorausgesetzt man hat den passenden Skill) . Das führt dazu, dass man als Spieler bei jedem Wurf auf eine 6 hofft. Das steigert die Spannung und sorgt immer wieder für explodierende Würfelwerte (gleichzeitig werden die Bewegungen des Spielleiters hinter dem Sichtschirm misstrauisch beäugt: Sollte er etwa wieder einmal eine 6 für die Gegner gewürfelt haben?)

Andererseits macht es das Spiel auch unberechenbar. Zunächst einmal darf man immer, wenn der Würfel explodiert, ja auch gleichzeitig den +2 Talentbonus einrechnen, d.h. dass man bei einer Explosion immer mindestens einen +8-Bonus hat. Das eigentliche Können des Charakters, also das Attribut W, R oder M kann da schnell in den Hintergrund treten. Entweder man würfelt schlecht, moderat oder gigantisch! Beim Probespiel musste ich leider als axtschwingender Krieger miterleben, wie mein Kampfgefährte, ein wissender Reisender, der durchschnittlich gut mit dem Bogen umgehen kann, durch explodierende Würfel zwei Halunken in 3 Runden tötete, während ich mit moderaten Würfeln vier Runden für meinen ersten Kill brauchte.

Andererseits: Die Wahrscheinlichkeit, dass ich auch eine 6 gewürfelt und genauso viele Halunken um die Ecke gebracht hätte, ist identisch. Ich hatte nur Pech beim Würfeln.

Schnell und tödlich

Das restliche Spielsystem ist absichtlich übersichtlich und kurz gehalten. Panzerungen geben entweder Boni auf Defense (d.h. man wird schwerer zu treffen) oder einen Abzug auf den Schaden (das ist eine Neuerung, die Michael aufgrund eines Bugs im Original-Regelwerk eingeführt hat, dort geben Panzerungen immer einen Boni auf Defense, wodurch manche Gegner nur durch explodierende Würfel zu knacken sind).

Waffen richten unterschiedlichen Schaden an, wobei auf den Schaden immer noch die Differenz zwischen Angriffs-Würfelsumme und gegnerischer Defense addiert wird. Auch hier: Explodiert der Würfel, werden so hohe Schadensmengen erreicht, dass die Grundwerte der Waffe (im Schnitt 1W6) manchmal kaum noch eine Rolle spielen. Mit etwas Glück (oder Pech) ist also WR&M ein sehr schnelles und tödliches Spiel.

 Glücklicherweise hat Michael Fate-Points integriert, womit man u.a. tödlichen Angriffen gerade noch ausweichen kann. Die Zahl der Fate Points ist wiederum abhängig vom Rogue-Attribut. Klingt plausibel, denn gerade Rogues sind nun mal für ihre Gewandtheit bekannt. Andererseits: Ungeschickte Magier (wenn man denn einen spielen möchte) haben eine kurze Lebenserwartung. Man trifft sie leicht, sie haben wenig Rüstung, und das Schicksal meint es schlecht mit ihnen…

 Darüber hinaus kann man Fate Point auf weitere vielseitige Weise einsetzen, um z.B. einen Wurf zu wiederholen, sich Boni zu erkaufen, „zufällige“ Ereignisse herbeizuführen oder die Spielwelt in Details anzupassen.

Was es sonst noch gibt

 Andere Aspekte, vor allem sozialer Art, werden nicht in den Regeln erklärt. Das geht in Ordnung, da man (gerade in Rules Light Systemen) soziale Handlungen doch lieber dem Rollenspiel überlässt. Wenn man will, kann man ja immer auf die Grundattribute zurückgreifen. Michal hat zudem eine ausreichend große Liste an Gegenständen, Zaubersprüchen und Zusatzregeln entworfen, die das Spiel abrunden. Eine Fantasy-Spielwelt mit postapokalyptischer Note passt auch noch in den Umfang des kostenlosen Grundregelwerks.

Zudem gibt es bereits eine Reihe von (englischsprachigen) Autoren, die das unter der Creative Commons Lizenz herausgebrachte Werk als Basis eigener Spielsysteme bentuzen.

Fazit

 Für einen geselligen Spielabend, bei dem man immer wieder auf die 6 hofft und dadurch heldenhafte, extravagante Ergebnisse erzielt, ist Warrior, Rogue & Mage bestens geschaffen. Den wesentlichen Spaßfaktor verdient das System durch das Würfelsystem, daher sind Kämpfe (z.B. im Dungeon) einfach unverzichtbar. Die Unterschiede zwischen den „Klassen“ verwischen spätestens bei einer Würfel-Explosion. Das macht das Spiel insgesamt fairer, denn selbst wenn der tumbe Magier mit dem Dolch ein fieses Monster mit einem Wurf killen kann, gibt es keine echten Außenseiter. Andererseits sind natürlich gerade die „Klassenunterschiede“ für viele Spieler das A und O eines Rollenspiels – das muss jede Gruppe für sich selbst entscheiden.

Was ich natürlich nicht testen konnte, waren langfristige Entwicklungen in einer Kampagne. Wenn die Grundattribute steigen, wächst auch ihre Auswirkung auf den Würfelwert und die Klassenunterschiede treten stärker zutage. Es ist vielleicht eine nette Idee, einfach mal mit einem durchschnittlichen, wenig ausgeprägten Charakter zu starten, und ihn erst im Laufe einer Kampagne zu entwickeln.

INNSMOUTH: Zwischen Hommage und Notwendigkeit


Das Jahr 2009 stand für mich ganz im Zeichen von Lovecrafts wohl verrufenster, dreckigster und unheimlichster Stadt: Innsmouth. Diese Heimat abscheulicher Hybriden, Schauplatz verdorbener Geheimnisse und uralter Plagen sollte Anfang 2010 für die deutsche Cthulhu-Reihe  in zwei Bänden in der Reihe Lovecraft Country auf Deutsch erscheinen. Ich erhielt – zu meiner größten Freude – den Zuschlag für drei Innsmouth-Abenteuer.

Ein Autorenbericht von Mirko Bader aus der Reihe „Kellergeflüster“

Ich muss voranstellen, dass dies meine erste Auftragsarbeit für die Cthulhu-Redaktion war. Vorher hatte ich mehrere Artikel und Abenteuer für die Cthuloide Welten verfasst, aber noch nie an einem Hardcover mitgearbeitet.

Inzwischen sind sowohl der Quellenband „Innsmouth – Küstenstadt am Teufelsriff“ als auch der Abenteuerband „Sturm auf Innsmouth“ erschienen. Meine drei eingereichten Szenarien wurden nach logischen Gesichtspunkten auf beide Publikationen aufgeteilt. Das erste Abenteuer „Der Einsame im Sumpf“ erschien im Quellenband.  Das Abenteuer ist linear und relativ einfach aufgebaut – und dürfte keine allzu großen Schwierigkeiten an den Spielleiter stellen. Außerdem verknüpft es Arkham mit Innsmouth – wegen des einfachen Schwierigkeitsgrades und dem einführenden Charakter passt es natürlich besser in den Quellenband.

Die beiden anderen Abenteuer sind mitten in Innsmouth angesiedelt. Sie sind in ihrer Abenteuerstruktur teilweise offen gehalten und daher schwieriger zu meistern. Außerdem sollte man sich bereits (als Spielleiter) gut in Innsmouth auskennen. So wurden „Dagons Sohn“ und „Der Zwist“ folgerichtig in den Abenteuerband gesteckt.

Im Folgenden möchte ich ein wenig über meine Arbeit an den drei Innsmouth-Abenteuern plaudern und meine Abenteuer selbst bewerten. Achtung: Die folgenden Passagen enthalten natürlich dicke Spoiler!

Vorbereitungen

Alles, was ich über Innsmouth wusste, verdanke ich der Original-Geschichte von H.P. Lovecraft „Der Schatten über Innsmouth“ oder besser gesagt dem genialen Hörspiel, das ich zufälligerweise kurz vorher „konsumiert“ hatte. Die Tiefen Wesen waren mir natürlich aus zig Publikationen bekannt und ja, ich habe auch den Film „Dagon“ gesehen (der ist gar nicht so schlecht). Zwingend notwendig waren jedoch detaillierte Kenntnisse der Stadt – und die gab es nur im leider vergriffenen CoC-Band „Escape from Innsmouth“. Das zu bekommen, stellte mich vor die erste Hürde. Mit etwas Glück entdeckte ich schließlich auf Ebay einen portugiesischen Verkäufer, der das englische Original anbot und bemerkenswert wenig Bieter fand. So konnte ich das Buch für „billig Geld“ erwerben und hatte es sogar schon 2 Tage später im Briefkasten (danke Portugal)!

Das Buch enthielt die beiden Kern-Abenteuer „Escape from Innsmouth“ und „Raid over Innsmouth“ (im Deutschen übersetzt mit „Flucht aus Innsmouth“ und „Sturm auf Innsmouth“). Das erste spielt mehr oder weniger die Lovecraft-Originalstory nach: Charaktere reisen nach Innsmouth, ecken schnell überall an, müssen fliehen. Basta! Ein Großteil des Abenteuers ist die Vorab-Recherche über Innsmouth (die in Arkham stattfindet) sowie die abschließende actiongeladene Flucht.

Über das zweite Abenteuer „Raid over Innsmouth“ will ich nur wenige Worte verlieren. Es hat inzwischen einen legendären Ruf, vermutlich daher, weil es zu den umstrittensten Cthulhu-Abenteuern überhaupt gehört. Das Abenteuer ist nichts anderes als eine würfelorgastische Militär-Kriegsinvasion: Die Spieler (die in die Rolle von 5! verschiedenen Personen schlüpfen) nehmen an jener gigantischen Razzia teil, die am Ende von Lovecrafts Geschichte „Der Schatten über Innsmouth“ erwähnt wird, und bei der die Küstenstadt mehr oder weniger dem Boden gleichgemacht wird.

Diese beiden Abenteuer bilden den Rahmen, an dem ich mich orientieren musste.

Meine erste Analyse ging ungefähr so aus:

1) Die neuen Abenteuer müssen, wenn sie in den Original-Kontext passen sollen, ungefähr zur Zeit von „Escape from Innsmouth„, auf jeden Fall aber vor „Raid over Innsmouth“ stattfinden.

2) Recherchen über Innsmouth gibt es bereits im Original-Abenteuer „Escape from Innsmouth“. Dieser Teil entfällt also für meine Abenteuer.

3) Sowohl „Escape“ als auch „Raid“ sind extrem actionlastig. Möglicherweise sollte man andere Aspekte, hier vor allem Gruselstimmung, unheimliche Bedrohung etc. voranstellen.

4) Ein umfangreicher Rechercheteil in Innsmouth erscheint unwahrscheinlich: Man würde zu schnell anecken, was wiederum nur zur heillosen Flucht führen würde (wobei wir wieder bei „Escape from Innsmouth“ angelangt wären).

5) Die „bösen“ Hybriden kommen in den Original-Abenteuern nur als Gegner und Kanonenfutter vor. Keines der Original-Abenteuer beschreibt ihre Gesellschaft, ihre Ziele. Auch die eigentliche Verwandlung vom Mensch zu Tiefem Wesen wird nirgends erläutert. Die Hybriden wiederum nur als plumpe Gegner auftauchen zu lassen, verbot sich von selbst.

6) Andererseits: Man wird ohne Hybriden/Tiefen Wesen kaum auskommen. Sie dominieren einfach in Innsmouth, ziehen an sämtlichen Fäden.

Die Schwierigkeit bestand also zusammenfassend darin: Ich müsste Abenteuer entwerfen, in denen Hybriden bzw. Tiefe Wesen vorkommen, aber nicht als Hauptgegner erscheinen. Recherche wird größtenteils entfallen (leider), zu actionlastig darf es aber auch nicht werden (das hatten wir ja schon). Was bleibt? Möglicherweise Stimmung! Meine Abenteuer sollten versuchen, jene Gruselstimmung aufzubauen, die bisher vernachlässigt, bzw. dem Spielleiter überlassen wurde.

Und: Ich würde nicht umhin kommen, die Gesellschaft der Innsmouth-Hybriden ein wenig differenzierter zu zeichnen. Sie als „Kommune böser Schwarmwesen“ darzustellen wäre zwar eigentlich logisch begründbar – denn sowohl für Lovecraft als auch für viele frühere Abenteuerschreiber waren die Tiefen Wesen nichts anderes als eine unpersönliche, durch und durch böse Masse Furcht erregender Feindkreaturen. Aber aus dramaturgischer Sicht verbot sich diese Darstellung. Ich könnte unmöglich drei Abenteuer verfassen und jedes Mal die Tiefen Wesen bzw. die Hybriden als Kanonenfutter in diverse Dungeons werfen, wo sie auf ihren nahenden Tod (sprich: an die Zähne bewaffnete Charaktere) warten würden.

Denn ich wusste ja, es geht auch anders! Vor einigen Jahren durfte ich bereits die herausragende erste Kampagnenbox aus deutscher Feder leiten: Auf den Inseln. Auch dort drehte sich alles um Hybriden und Tiefe Wesen. Ingo Ahrens, Frank Heller und Jan Christoph Steines legten mit ihren drei Abenteuern (aus denen sich die Kampagne zusammensetzt) den Grundstein für eine differenzierte Herangehensweise an das Thema. Vor allem Ingo Ahrens zeichnet in „Mediis tranquillum in undis“ ein völlig anderes Bild der Hybriden-Problematik, indem er eine verschrobene Liebesromanze um einen Hybriden (der sich aber nicht verwandelte) und seine zum Fischwesen mutierte Frau aufbaute. Das Abenteuer endete – zumindest in meiner Gruppe – mit Tod und Verderben, also als klassische Tragödie.

Man kann wohl sagen, dass dieses Abenteuer von Ingo Ahrens die Grundidee für meine Interpretation der Innsmouth-Gemeinde lieferte.

Indem ich diese Idee weiter ausbaute und ausschmückte, ging mir langsam ein Licht auf: Warum sollte es innerhalb der Hybriden von Innsmouth keine unterschiedlichen Meinungen geben? Warum sollten alle am selben Strang ziehen, ohne eigene Ansichten, ohne „politische“ Meinungen? Schließlich war Innsmouth nicht gänzlich abgeschnitten vom Rest der Welt. Hier lebten auch normale Menschen. Probleme gab es genug: Darbende Wirtschaft, Notwendigkeit zur Geheimhaltung, Umgang mit Nicht-Eingeweihten etc.

Nein, es musste innerhalb der Innsmouth-Gemeinde Gruppierungen und Fraktionen mit verschiedenen Ansichten geben. Und wenn das der Fall wäre, könnten sich die Charaktere „zwischen“ den Gruppen bewegen. Es würde möglicherweise Gruppen geben, die auf die Hilfe der Besucher von Außerhalb angewiesen wären.

Die Ideen für meine Abenteuer reiften….

Von der Analyse zum Abenteuer

Wenn man den Zuschlag über drei Abenteuer bekommt, kann man ganz anders planen, als wenn man nur ein Abenteuer verfassen darf. Man kann seine Ideen aufsplitten und versuchen, drei grundverschiedene Abenteuertypen zu kreieren. Meine Grundgedanken gingen in etwa so:

1) Der Einsame im Sumpf: Lineare Handlung, leicht zu spielen und zu leiten, Eingangsabenteuer: Schauplatz: Sümpfe vor Innsmouth.

2) Der Zwist: Offenes Abenteuer (Fortgeschritten), Hinweise über die „Mutation“ der Hybriden (Verschleierung: Mehrere erklärbare Varianten über die „Mutation“), Schauplatz: Innsmouth und Teufelsriff.

3) Dagons Sohn: Hier müsste irgendwas Bedeutendes passieren (Geburt von Dagons Sohn), Erkenntnis über die wahre Beschaffenheit der Hybrid-Mutation, weitgehend offene Handlung, Schauplatz: Innsmouth.

Zusammen mit den beiden Klassikern ergäbe sich dann folgender Kampagnen-Handlungsverlauf:

1) Übergang von Arkham nach Innsmouth: Der Einsame im Sumpf

2) Erstes Hineinschnuppern und erste Flucht: Escape from Innsmouth

3) Ernsthafte Nachforschungen über die Hybriden: Der Zwist

4) Direkte Konfrontation mit den Hybriden und Erkennen der Wahrheit: Dagons Sohn

5) Nunmehr mit allen wichtigen Infos ausgestattet: Raid over Innsmouth

Innsmouth als Kampagne

Die Kampagnenidee haperte allerdings an einem ganz wesentlichen Fakt (der mir anfangs selbst nicht ganz klar war). Ein Spieler brachte es nach dem Probespielen des allerersten Abenteuers auf den Punkt: „Mein Charakter würde nie wieder einen Fuß in dieses Nest setzen.“

Das stimmt. Und das ist ein Problem. Für das ich, ehrlich gesagt, kein Patentrezept habe. Nun, zunächst einmal sind alle Abenteuer aus meiner Feder gut solo spielbar. Das wird vermutlich auch das sein, was 99% der Spielleiter tun werden: Sie werden möglicherweise eine Arkham-Kampagne leiten und ihre Charaktere mal „nebenbei“ nach Innsmouth schicken. In eigentlich allen Abenteuern verscherzt man es sich ohnehin mit den Innsmouth-Hybriden. Das kann vielfach zur überstürzten Flucht führen. Eine Rückkehr (mit denselben Charakteren) scheint da unwahrscheinlich.

Es gäbe natürlich Möglichkeiten. Da ohnehin am Ende der Kampagne eine gigantischer Militäreinsatz steht, könnten die Charaktere auch vorher schon von Militär, Navy oder Geheimdienst ausgeschickt worden sein, um die Zustände in Innsmouth zu klären. Dann hätten sie auch keine Wahl: Sie müssen in dieses gottverdammte Nest und möglichst viel erforschen. Dass der Einsatz eine reale Gefahr für Leib und Seele darstellt, gehört nunmal zum Leben eines Cops/Soldaten/Undercover-Agent dazu.

Eine Kampagne würde natürlich belohnt werden, nämlich mit dem übermächtigen „Raid over Innsmouth“ (zu deutsch: Sturm auf Innsmouth). Dieses Abenteuer macht eigentlich nur Sinn, wenn die Spielercharaktere vorher schlimme Erfahrungen in Innsmouth gemacht haben und genau wissen, was dort eigentlich vorgeht. Zudem sollten sie durch vorherige Ereignisse einen gewissen Grad ab „Abgebrühtheit“ erreicht haben (also in Spielwerten ausgedrückt: sehr niedrige gS!).

Bewertung meiner Abenteuer

Ein Autor sieht seine eigenen Machwerke natürlich anders als ein Rezensent. Und auch völlig anders als ein Spieler oder Spielleiter. Letztere berücksichtigen zum Beispiel niemals, dass die Zeichenlänge eines Abenteuer mit ca. 100.000 Anschlägen vorgegeben ist. Wie oft hörte ich schon von meinen Spielern nach einem Probespiel: „Du könntest doch noch dies und das einfügen“. Antwort des genervten Spielleiters: „Klar – und was streiche ich dafür weg?“ Spieler: „Ähhh…“

Ich will hier einmal das Experiment eingehen und meine eigenen Werke rezensieren und bewerten. Das ist selbst für mich ziemlich spannend!

Der Einsame im Sumpf

Inhalt: Eine Gruppe Studenten der Miskatonic University soll in den Sümpfen vor Innsmouth uralte „Indianer“-Ruinen freilegen. Mit der Zeit wird aus dem heiteren „Archäologie-Ausflug“ ein ernstes, tödliches Unterfangen. Zunächst einmal verändern sich die SC und NSC – ihre Hauptcharaktermerkmale verkehren sich durch eine unheimliche „Aura“ ins Gegenteil. Der quicklebendige Football-Spieler wird zum lethargischen Anti-Sportler. Die Schönheitskönigin zur Dreckschleuder. Und es gibt einen Serienmörder im Lager, dessen Umtriebe die Zahl der NSC immer mehr dezimiert. Am Ende treten die Charaktere mit einem ausgestoßenen Tiefen Wesen in Kontakt, dem uralten Hüter des Cthulhu-Tempels, der sich tief im Sumpf verbirgt. Doch dieses Geschöpf tritt nicht als Feind auf, sondern als tragische Gestalt, die auf die Hilfe der Charaktere angewiesen ist. Dann damit der „Hüter“ endlich seine Ruhe findet und zu seinem Volk zurückkehren kann, muss eine gigantische Cthulhu-Statue im Tempel vernichtet werden. Diese wird jedoch von einem Schoggothen bewacht. Glücklicherweise finden die Sc ein Artefakt, mit dem sie dem Schoggothen kleine Befehle geben können. Die Lösung des Abenteuers lautet: Befiehl dem Schoggothen, dass er die Statue vernichtet.

Analyse: Das Abenteuer ist weitgehend linear und stellt keine allzu großen Ansprüche an den Spielleiter. Die Spieler hingegen sollten ein gewisses Maß an Rollenspielkunst mitbringen, da sich ihre Charaktere „ins Gegenteil“ verwandeln. Das ist leider schwieriger als ich dachte. Selbst gestandene Spieler hatten damit ihre Probleme – gleichsam erwies sich  gerade dieser Aspekt sowie die vielen Interaktionen mit den NSC als Herzstück des Abenteuers, das, was den Spielern am Ende im Gedächtnis bleibt. Innsmouth wird nur am Rande in Szene gesetzt: Einmal hören die Charaktere Schüsse in der Stadt; ein Mann stürmt ins Lager und hunderte Fackeln der Hybriden erleuchten die Nacht (natürlich eine Hommage an „Der Schatten über Innsmouth“). Sinn und Zweck dieser Inszenierung war es, den Charakteren aus erster Hand Informationen und Gerüchte über Innsmouth an die Hand zu geben. Sonst heißt es ja immer: „Innsmouth, die verrufene Stadt, über die zahlreiche Gerüchte im Umlauf sind, die man sich höchstens unter der Hand zuflüstert.“ Spieler: „Häh! Inns-was? Nie gehört. Welche Gerüchte hört man denn so?“

Wertung: 6 von 10 Punkten. Negativ: Allzu lineare Handlung (für Anfänger aber gut geeignet), schwierige Umsetzung der „Umkehr“-Aura, nur eine mögliche Lösung. Positiv: Schöne Gruselstimmung im Sumpf, viele Interaktionsmöglichkeiten mit den NSC, erste Erfahrungen mit Innsmouth.

Der Zwist

Inhalt: Bei einem Besuch in Innsmouther Hafen werden die Charaktere von einer Tentakel-Oktopus-Fisch-Kreatur attackiert. Nur ein Einheimischer namens McOban kann sie retten. Später erhalten die Charaktere Besuch von einem Hybriden, der sie darum bittet, auf dem Teufelsriff nachzusehen und dem Umtrieben eines verrückten Professors namens Dr. Price ein Ende zu setzen. Dieser Mann sei für die Teufelskraken verantwortlich. Auf irgendwelche Weise stehe er aber mit dem Schmugglerboss Wayland in Verbindung und der wiederum stecke mit dem Orden des Dagon unter einer Decke. Die Charaktere fahren zum Teufelsriff, dringen in die alte Station ein und erforschen den Hintergrund von Dr. Price, der offenbar in der Vergangenheit einen Grund für den merkwürdigen Innsmouth-Look präsentierte: Laut Price rühren die furchtbaren „Entstellungen“ von einer alten Krankheit namens Schuppenpest her. Die Charaktere und Dr. Price sind aber nicht die einzigen Anwesenden in der Station. Eine Gruppe hybrider Teens ist ebenfalls eingedrungen, um Price zu killen, und auch McOban hat noch ein Hühnchen mit dem Doktor zu rupfen. Doch gleichzeitig trifft das Schiff des Schmugglers Wayland mitsamt seiner Besatzung kampferprobter Krimineller ein. Das Ende ist offen: Können die Sc die verschiedenen Gruppen gegeneinander ausspielen?

Analyse: Der erste Teil des Abenteuers ist geradlinig und dient nur dazu, die Charaktere auf das Teufelsriff zu bringen. Teil 2 ist komplett offen gehalten. Die Charaktere bestimmen selbst, wie es weiter geht und vor allem: wie es ausgeht. Dieses Abenteuer füllt zum ersten Mal den Wissensdurst der Charaktere, indem es ihnen eine wissenschaftliche Erklärung für den Innsmouth-Look an die Hand gibt. Diese Erklärung ist zwar falsch und erlogen – aber immerhin eine Erklärung. Das Abenteuer spielt mit der Annahme, dass es in der Hybrid-Gemeinschaft verschiedene Fraktionen und Meinungen gibt. Die Vorgeschichte von der „Zwist“ bohrt erstmals einen Spalt in die angebliche Geschlossenheit: Der Schmuggler Wayland findet per Zufall heraus, was in Innsmouth wirklich gespielt wird. Er tritt an den Orden des Dagon heran und erpresst die obersten Ordensdiener: Er würde mit seinem Wissen an die Öffentlichkeit gehen, wenn ihm der Orden nicht bei seinen Schmuggeloperationen beiseite stehe. Im Gegenzug wolle er dafür sorgen, dass eine wissenschaftliche Erklärung über den Innsmouth-Look veröffentlicht werde (hier kommt Dr. Price ins Spiel). Der Orden hat keine Wahl: Er muss auf das Angebot eingehen. Er profitiert auch noch durch diesen Handel: Denn in den Folgejahren baut Wayland einen florierenden „Handel“ mit jungen Innsmouther Mädchen auf, durch die sich das Innsmouth-Gen ausbreiten kann. Dr. Price heiratet eines dieser Mädchen. Als sie sich in ein Tiefes Wesen verwandelt, zieht er in die Station am Teufelsriff ein, um dort nach einer Methode zu forschen, aus „normalen“ Menschen Fischmenschen zu machen. Ein Ergebnis dieser Forschungen sind die tödlichen Teufelskraken. Die Kooperation mit Wayland und Price kommt nicht überall in Innsmouth gut an: Die jungen Hybriden fühlen sich verraten und verkauft. Sie wollen keinen Wayland und keinen Dr. Price. Das ist der Zwist.

Der Gegner: Wieder einmal kommen zwar Hybriden vor, doch erneut nicht als „Endgegner“, vielmehr als Auftraggeber oder eventuell sogar Verbündete. Der Gegner ist der wahnsinnige Forscher Dr. Price und sein skrupelloser Freund Wayland. Wie sich herausstellt, ist Dr. Price wiederum eine tragische Figur (alles was er tut, dient dazu, seiner geliebten Frau ins Meer zu folgen). Wayland ist einfach nur kriminell (und dabei nicht mal Hybride).

Wertung: 7 von 10 Punkten. Negativ: Der erste Teil ist streng linear und möglicherweise durchschaubar. Der zweite Teil ist sehr offen (was die meisten Spieler gut finden), setzt aber große Anforderungen an den Spielleiter. Positiv: Die Möglichkeiten für Action, Drama und unheimlicher Stimmung sind in der Station unübertroffen – und das alles bei einem offenen Handlungsverlauf. Beim Hintergrund greift ein Rad ins nächste und sorgt so für eine plausible Zeichnung der Innsmouth-Gesellschaft.

Dagons Sohn

Inhalt: Bei einem Aufenthalt in Innsmouth finden die Charaktere ein Hilfebrief. Eine Frau namens Eliza wurde offenbar entführt. Wegen des einsetzenden Regens ist ein Großteil des Briefes unleserlich; lediglich der Name Dr. Bullcroft ist noch lesbar. Doch ob es sich bei diesem Doktor um einen Freund oder Feind handelt, bleibt offen. Die Charaktere suchen Dr. Bullcroft auf und finden einen sehr alten Mann im Rollstuhl vor. Er gibt sich als Hausarzt der renommierten Familie Marsh zu erkennen und spielt die Bedeutung des Briefs herunter: Die angeblich Entführte sei lediglich geistig verwirrt, ansonsten aber gesund und wohlauf. Er bringt die Charaktere sogar zu den Marshes und präsentiert ihnen eine junge, aber seltsam abwesende und offenbar geistig kranke Frau. Doch die Ahnung, dass hier falsches Spiel gespielt wird, wächst. Durch eine Beschattung des Marsh-Anwesens kommen die Charaktere schließlich auf die richtige Spur: Die echte Eliza ist hoch schwanger, erwartet offenbar „Dagons Sohn“ und wird nahe dem Bullcroft-Haus in einem Keller gefangen gehalten. Sie zu retten ist noch relativ einfach, doch der Tempel des Dagon wird schnell auf den Frevel aufmerksam und mobilisiert einen Großeinsatz der Innsmouth-Hybriden. Die Charaktere können sich nur retten, indem sie sich im Haus von Dr. Bullcroft verschanzen. Hier beginnt ein Psychospiel. Dr. Bullcroft verfolgt nämlich seine eigenen Ziele und will die Kontrolle über „Dagons Sohn“. Währenddessen versammelt sich die enorme Masse der Innsmouth-Bewohner rund ums Haus und wartet unter schauerlichen Gesängen und seltsamer Phänomene auf die Geburt ihres „Messias“. Als es dann soweit ist, als Elizas Kind kommt, setzen magische Effekte ein, die den Charakteren vorgaukeln, es mit einem normalen, hilflosen Kind zu tun zu haben. Sie stehen völlig unter dem Bann des Kindes! Nur ein Charakter, jener, der mit dem Blut der Mutter in Berührung kam, kann sich des Effekts erwehren. Er erkennt, dass das Kind eine Monstrosität ist. Das Abenteuer läuft eine seltene Spieler-versus-Spieler-Konstellation hinaus. Der einzige immune Charakter muss seine Mitstreiter mit Hilfe des Bluts der Mutter ebenfalls immunisieren. Doch selbst wenn das gelingt, ist da immer noch Bullcroft und die Hybriden-Gemeinde. Das Finale findet in unterirdischen Tunneln und Keller statt, wo anscheinend jeder gegen jeden kämpft!

Analyse: Das Abenteuer hatte ich, trotz der knapp bemessenen Abgabefrist, zweimal testen können – jedes Mal mit grundverschiedenen Ausgängen. Auch in „Dagons Sohn“ ist die Abenteuerstruktur zuerst linear, dann aber völlig offen, was das Abenteuer für unerfahrene Spielleiter womöglich zu schwer macht. Eine Gefahr besteht darin, dass sich die Charaktere gegenseitig an die Gurgel gehen. Das ist zwar nicht vorgesehen (denn auch unter dem Einfluss von Dagons Sohn bleiben alte Freundschaften erhalten) – könnte aber bei allzu eifrigen Spielern durchaus passieren.

Fazit: Dagons Sohn ist mein persönliches Lieblings-Abenteuer in der Innsmouth-Serie. Es hat alles, was Innsmouth auszeichnet: Mystery, Verschleierung, Entführung. Dazu kommt das undurchschaubare Spiel eines seltsamen alten Mannes, ein Großeinsatz des Dagon-Tempels und eine rasante Hetzjagd in Kellergewölben. Rollenspielerisch wird den Spielern ein wenig abverlangt (indem sie den Bann von Dagons Sohn ausspielen müssen), aber lange nicht so sehr wie z.B. in „Der Einsame im Sumpf“. Das Spieler-versus-Spieler-Prinzip kann in den Spielgruppen eine Eigendynamik entwickeln, die man so von Cthulhu-Abenteuern nicht kennt. Und: Endlich erfahren die Spieler die ganze Wahrheit über die Hybriden, ihren Kult und ihre Ziele. Meine Wertung: 8 von 10 Punkten.

Zusammenfassung

Die Rahmenbedingungen für Innsmouth waren nicht leicht – zu viel war durch die bereits veröffentlichten Abenteuer vorgegeben und Innsmouth ist ein tödliches Umfeld. Ich habe versucht, diese Rahmenbedingungen auf die aus meiner Sicht logischste Weise zu interpretieren. Das ist mir mal mehr, mal weniger gelungen, und sicher wird jeder Leser bzw. Spielleiter seine eigene Meinung über diese drei Abenteuer haben. Ich denke aber, dass es mir zumindest gelungen ist, drei sehr verschiedene Abenteuer zu verfassen, die unterschiedliche Geschmäcker und Erfahrungsgrade bedienen.

Erfahrungen mit größeren Gruppen und parallelen Spielrunden


Häufig suchen Rollenspieler ja noch Mitspieler für ihre Spielrunde, aber was macht man eigentlich, wenn es mal zu viele Spieler sind?

Ein Beitrag von Gastautor Bernd Jäger in der Reihe „Kellergeflüster“.

Die meisten Spielrunden, die ich kennengelernt habe, sind nicht größer als sechs Personen, häufig sind es auch nur drei oder vier. Als Spielleiter sind mir vier Spieler am liebsten und ab sechs Spielern finde ich es dann zunehmend schwierig, den Überblick zu behalten und ein für alle als flott empfundenes Spiel zu erreichen.

An Geburtstagen, Silvesterparties oder ähnlichen Situationen sind aber manchmal deutlich mehr Personen anwesend und da unser Freundeskreis ziemlich viele Rollenspieler umfasst, haben wir uns dann schon auch einer etwas komplexeren Planung zugewandt – dem parallelen, aber koordinierten Spiel mit mehreren Gruppen.

Machen wir ein Beispiel für einen Geburtstag – das Spiel dreht sich um die Figur des Geburtstagskindes in unsere aktuellen Kampagne (Star Wars). Es finden drei Runden parallel statt, und nach einer Essenspause dann wieder drei weitere Gruppen parallel. Da wir genug Spielleiter haben, durften diese jeweils einmal leiten und einmal spielen, das Geburtstagskind durfte natürlich „nur“ spielen. Insgesamt waren wir 14 Personen.

Es gab einen großen Plot – die ersten drei Spiele finden im Spieluniversum gleichzeitig an verschiedenen Orten statt und enden alle an einem gemeinsamen Zielpunkt. Von dort aus wird dann in neuer Zusammensetzung nach einer Essenspause mit anderen Spielleiter und Spielrunden der zweite Teil gestartet. Das interessante daran ist, dass die neu zusammengestellten Gruppen sich aus der ersten Runde etwas zu erzählen haben. Das macht das Spielerlebnis spannender, da sich das Gefühl einstellt, dass die Spielwelt auch außerhalb des eigenen Erfahrungshorizonts „lebt“.

Für die Vorbereitung ist es eine besondere Herausforderung, eine Rahmengeschichte zu haben, die ein solches Vorgehen gut unterstützt. Wir haben diesen Aufwand bisher deshalb wohl nur für Geburtstage durchgeführt  – und die Vorbereitung und Durchführung ist dann auch ein Teil des Geschenks gewesen. Wenn der Rahmenplot bekannt ist, können die einzelnen Spielleiter für ihre Gruppe die Ausarbeitung weitgehend eigenständig durchführen. Es sollte aber ein Spielleiter für die Gesamtkoordination zur Verfügung stehen. Die Aufgabe ist dann für den einzelnen Spielleiter, von einer Startsituation aus, die Gruppe in z.B. drei Stunden zum gemeinsamen Zielort zu begleiten.

Wenn es möglich ist, können kleine Gimicks eingebaut werden, wie zum Beispiel, dass ein Ereignis in einer Spielrunde in einer anderen Spielrunde wahrgenommen werden kann. Wenn die Aufgabe einer Gruppe unter anderem die Deaktivierung der Energieversorgung ist, können bei der zweiten Gruppe dann irgendwann die Kommunikationssysteme vollständig ausfallen. Wenn es gut läuft wird in der zweiten Spielsession nach dem Essen die Geschichte in den neu zusammengestellten Gruppen erzählt und verbindet sich dann zu einem gemeinsamen Aha-Effekt – ach, ihr ward das!

Dann benötigt man natürlich neben mehreren Spielleitern, die dies vorbereiten auch einen Spielort, der mehrere Runden räumlich getrennt unterstützt.

Mir persönlich macht es Spaß, diese etwas anspruchsvolleren Situationen zu planen und zu sehen, wie sich das Spiel dann entwickelt. Oder um es nach dem legendären A-Team zu sagen – Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!

Tischrollenspiele mit Video- und Computertechnik


Bei unseren Kellerkinder-Treffen kommen die unterschiedlichsten Erfahrungen zum Thema Rollenspiel zusammen. Wir hatten bei unseren Treffen bereits das Thema „Musik im Rollenspiel“. Das ist auch für uns ein sehr wichtiges Thema. Allerdings geht mein persönliches Steckenpferd noch ein wenig weiter – Videos im Rollenspiel.

Ein Beitrag aus der Reihe „Kellergeflüster“ – von Gastautor Bernd Jäger

Ich bin ein recht cineastischer Typ, durchaus geprägt durch Computerspiele. Den Einsatz dieser Medien im klassischen Fantasy-Bereich empfand ich immer ein wenig als Stilbruch – aber im Science Fiction passt er meiner Meinung nach sehr gut zu diesem Setting. Und als Liverollenspieler mag ich es gerne plastisch.

So beginnt ein Spielnachmittag. Wir spielen derzeit Star Wars, bei mir immer wie einer der  Kinofilme oder eine Folge Clone Wars – der virtuelle Vorhang fällt, die Star Wars Hymne ertönt, große Buchstaben vor einem Sternenhimmel  bewegen sich auf einem unsichtbaren Hintergrund schräg ins Nichts.

„Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis….“

Nach dem Text wechselt die Szene zu passenden Ausschnitten aus den Filmen, aus der Serie, aus Computerspielen. Je nachdem was gebraucht wurde und was ich finden konnte. Meist sind es nur 30 Sekunden oder 2 Minuten-Schnipsel. Alles was bereits öffentlich ausgestrahlt wurde und über den Festplatten-Satellitenreceiver den Weg in mein 1-Terabyte-Archiv gefunden hat.

Ausschnitte aus Weltraumschlachten über Coruscant, die Landung von Droidenshuttles im Wald, aber auch Flüge über riesige Städte aus dem Anfang des Films Bladerunner, die düstere Invasionsflotte aus Riddick – Chroniken eines Kriegers oder eine fast explodierende Raumstationen aus dem Anfang der Marvelverfilmung Fantastic 4. Mit neuer unterlegter Musik bilden sie den Einstieg in die  Beschreibung einer Szene im meinem Spieluniversum – Knights of the old Republik (gut 3000 Jahre vor den bekannten Filmen um Yoda und die Familie Skywalker).

Um die wahrscheinlich aufkommende Frage zu beantworten – ja ich habe beruflich mit Computersystemen zu tun und ja, ich schneide schon länger Filme und Videos. Aber auf der anderen Seite – alles was ich an Software benutze, war auf meinem Aldi-PC vorinstalliert. Viele Menschen, die ich kenne und die eine digitale Videokamera haben, nutzen genau diese Funktionen. Ich habe das Filmen übrigens aufgegeben und derzeit nicht mal eine entsprechende Kamera.

Zurück zu diesem Nachmittag. Das für mich wichtige Feeling zum Spiel hat gut funktioniert – nicht nur, aber auch wegen den fünf Intro-Videos auf der DVD, die uns alle mitgenommen haben auf den grünen Planeten Alderaan. Daneben liefen noch weitere Musikstücke und  verschiedene Soundeffekte, die den Angriff der Droidenarmee akustisch untermalt haben.

Am Ende kam, was kommen musste – der letzte Track der CD „Star Wars A Musical Tribute“. Der Star Wars End-Titel führte die Spieler zurück aus meinem Star Wars Universum an den heimischen Wohnzimmertisch.